Donnerstag, 27. November 2014

88. Beitrag - Der Abstieg in die Unterwelt

Sprichwörtlich ziehen sich Gegensätze an. Was aber noch wichtiger ist: Sie faszinieren die Menschen ungemein. Ein Beispiel: Im Christentum gibt es nach dem Tod nur zwei Richtungen für uns. Entweder sind wir gut und kommen in den Himmel oder wir sind böse und landen in der Hölle. Aufwärts und abwärts als zwei universelle Gegensätze. In der Vorstellung liegt die Hölle weit unter unseren Füßen, tief im Erdboden versteckt. Es ist heiß, Pech und Schwefel prägen die Landschaft. Das Geschrei gepeinigter Seelen erfüllt die Luft. In der „Göttlichen Komödie“ beschreibt der Autor Dante Alighieri bereits um das Jahr 1300 seine Reise durch das Jenseits. Zunächst gelangte er in die Hölle, in welche er durch eine Höhle, also einem unterirdischen Gang, gelangte. Nähern wir uns dem heutigen also einmal von dieser Seite. Unterirdische Gänge und Keller waren schon immer unheimliche Orte, vor allem in der Vergangenheit. Je weiter wir zurückgehen, desto unheimlicher war es. Kein Wunder, denn Licht in die unterirdische Dunkelheit zu bringen war alles andere als einfach. Erst mit modernen Leuchtmitteln ist eine völlige Ausleuchtung möglich geworden. Und sind wir einmal ehrlich: Etwas, das sich in der Dunkelheit nur in unseren Augenwinkel sichtbar, entlang huscht, bereitet uns eine Gänsehaut.

Dabei waren es unterirdische Bauten, die halfen das Leben zu erleichtern oder sogar zu retten. In Kellern wurden Lebensmittel gelagert. Denken wir an den
Zweiten Weltkrieg, dann dienten sie dazu die Menschen in Sicherheit vor den Luftangriffen zu bringen. Tunnel führen uns durch Gebirge oder wie im Falle des Eurotunnels verbinden sie ganze Länder über den Landweg und das sogar unter Wasser. In Gängen suchten die Menschen heil in der Flucht  oder nutzten diese auf eine umgekehrte Weise als Angriffsweg. Was unter der Erde lag, musste für viele Menschen unheimlich sein. Dort bestattete man die Toten und deswegen gehörte das Reich  in der Erde nicht den Lebenden. Doch ist bei dieser Sicht der Dinge Vorsicht geboten. Häuser wurden oftmals so errichtet, dass diese halb unter der Erde lagen. Im Winter bot die Erde Schutz vor Kälte und eisigen Winden. Im Sommer half diese Bauweise bei Hitze. Keller dienen noch heute als Lagerplätze. Sei es für Lebensmittel, Heizmaterial oder viele andere Sachen bis hin zu ganzen großen technischen Anlagen und Maschinen. In sogenannten Eiskellern lagerten Lebensmittel, die vor Verfall geschützt werden mussten.

So nützlich diese Räume auch waren, bargen sie dennoch ein gewisses Risiko. Dort, wo viel mit pulverförmigen Substanzen gearbeitet wurde, lauerte der Tod. Staubexplosionen, wie sie in Bäckereien vorkamen, kosteten viele Menschen das Leben. In Kohlekellern entstand meist, auf Grund einer fehlenden Frischluftzufuhr, ein tödliches Kohlenmonoxid. In der modernen Popkultur erfreuen sich andere Keller großer Beliebtheit, die Kerker. Ob in der digitalen Welt oder bei sogenannten Live Action Role Plays (LARP), werden die Kerker nach Schätzen durchsucht und mutige Abenteurer stellen sich furchtbaren Kreaturen. In Kellern wurden und werden aber auch Dinge verborgen, die eigentlich niemand Fremdes finden soll. Vielleicht ist es dieser Gedanke, der die Fantasie der Menschen seit Jahrhunderten beflügelt. Unter der Erde verbirgt die Natur ihre Schätze. Erze, Öl, Edelsteine und vieles mehr. Was vermag der Mensch also bewusst zu verbergen? Die Verbreitung des Sagenkreises von Kellern und unterirdischen Kellern findet sich zahlreich im Merseburger Land. Dabei sind nicht alle dieser Sagen schriftlich festgehalten und einige gar erst im 20. und 21.Jahrhundert entstanden. Begeben wir uns einfach unter die Erde und erforschen diese Art der Legenden. Werden wir einen Weg heil zurückfinden und das Licht am Ende des Tunnels erblicken?

Sonntag, 23. November 2014

87. Beitrag - Recht und Gesetz?

Seitdem Menschen in größeren Gemeinschaften zusammenlebten, war es notwendig einen Verhaltenskodex aufzustellen. Eine Gesellschaft wird selten durch hohe Moral zusammengehalten. Vielmehr sind es Gesetze, die unser Zusammenleben zwangsläufig regeln müssen. Je größer die Gemeinschaft, desto komplexer muss das Regelwerk sein, zumindest aus der heutigen Sicht. Einfache Vergehen gibt es selten, denn oftmals steckt ein komplexer Sachverhalt vieler Dinge hinter einem Verbrechen. Hinzu kommt, dass je einfacher ein Gesetz gestrickt ist, desto mehr Schlupflöcher werden geboten. Vielleicht ist aber genau das Gegenteil der Fall.

Nehmen wir erst einmal ein fiktives Beispiel: Jemand stiehlt viel Geld, die Strafe sieht ein Abhacken der Hand vor. Jemand anderes stiehlt ein Brot, doch auch dafür ist die gleiche Strafe vorgesehen. Weshalb die Diebstähle stattfanden, wissen wir nicht. Für solch eine einfache Gesetzgebung ist es sowieso unerheblich. Vielleicht ist dieses Beispiel etwas weit hergeholt, aber denken wir an Robin Hood oder Klaus Störtebeker. Die Reichen wurden bestohlen, damit die Armen etwas zu Essen hatten. Ist das Gesetz dann noch im Recht? Die Frage muss sich ein jeder selbst stellen und eine Antwort ist selten einfach.

Zeitenwechsel. Es scheint, wir Deutschen haben für jede Eventualität im Leben ein passendes Gesetz. Kaum jemand blickt durch die Massen an Paragraphen, Verordnungen und Regelungen durch, die unser Leben ausmachen. Wie aber hat sich unsere Gesetzgebung entwickelt? Durch wen und was wurde sie beeinflusst? Und welche Gesetzeswerke gab es in früherer Zeit? Richtungsweisende und noch immer in Erinnerung bleibende Texte gibt es einige. Sicherlich kennen Sie den Spruch Auge um Auge? Dieser entstammt dem Codex Hammurabi.

Die Vorderseite der Stele, ausgestellt im Louvre, Paris.

Nachfolgend zeige ich noch einige andere Werke, die wegweisend waren.

Sachsenspiegel
Eine gebundene Ausgabe des Sachsenspiegels der Stadtbibliothek Duisburgs.

Magna Carta
Die Magna Charta der British Library.

Code Civil
Die deutsche Ausgabe des Code Civil des Museums des Hambacher Schlosses

Natürlich entsprechen diese Beispiele nicht dem Gesamtumfang aller Rechtsquellen und Texte. Dennoch zeigen sie deutlich, wie kurz oder auch lang solch eine Rechtssetzung sein konnte. Kommen wir noch einmal zurück auf mein oben genanntes Beispiel. Falls Sie es zu weit hergeholt finden, präsentiere ich Ihnen nun einen Textausschnitt aus der Goldenen Bulle Kaiser Karls IV., was sogar einem Kurfürsten drohte, sollte sich dieser gegen Krone und Reich wenden:

„[...] soll er selbst als Majestätsverbrecher mit dem Schwert gerichtet und sein ganzes Vermögen von unserer Kasse eingezogen werden; seine Söhne aber, denen wir aus besonderer kaiserlicher Gnade das Leben schenken (denn eigentlich müßten sie ebenso wie der Vater hingerichtet werden, da von ihnen Beispiele des vom Vater geerbten verbrecherischen Wesens zu befürchten sind), sollen [...] von aller Erbschaft und Nachfolge ausgeschlossen sein, [...] immerdar bedürftig und arm sein.“

Der Tod sollte selbst für die Kinder der Fürsten als eine Gnade erscheinen, so dass sie sich immer der Schande des Vaters bewusst waren. Die Töchter kamen glimpflicher davon, da diese, auf Grund ihres Geschlechtes, als schwach galten. Eine Begnadigung war ausgeschlossen.

Quelle:

Die Goldene Bulle in der Übersetzung von Konrad Müller.

Die Bilder entstammen der deutschsprachigen Wikipedia unter dem jeweiligen Thema.

Donnerstag, 13. November 2014

86. Beitrag - Woher stamme ich? - Rabatz, Raub und Rabe

Unsere Sprache ist reich und vielfältig. Kein Wunder, denn sie bedient sich vieler Wörter, die ihre Wurzeln oftmals in ganz anderen Ländern und Zeiten haben. So manches Worts allerdings wandert auch über unsere Grenzen hinaus in die Ferne und kehrt dann wieder mit einer neuen Bedeutung und einer neuen Funktion zurück. Erinnern Sie sich zurück an die Fußball WM. So gut wie überall gab es
public viewing. Die Briten bezeichnen mit diesen beiden Worten eigentliche öffentliche Ausstellungen, manchmal auch eine öffentliche Leichenschau. Bei uns heißt es einfach, dass eine große Gruppe an einem öffentlichen Ort gemeinsam das Fernsehprogramm sieht. Solche Bedeutungswandlungen von Wörtern kennen wir natürlich auch.

Draußen ist es laut, vielleicht schreit oder schimpft eine kleine Gruppe. Vielleicht hat einfach nur mal wieder seine Bassboxen aufgedreht. Oder kurz: Es ist Rabatz. Wussten Sie, dass wir dieses Wort, was so viel bedeuten kann wie kleiner Aufstand, Getöse oder Gepolter der polnischen Sprache zu verdanken haben? Zunächst ein kleiner Exkurs in die allgemeine europäische Geschichte. Nach dem Wiener Kongress von 1815 wurde Polen zwischen dem Königreich Preußen, dem Zarenreich Russland und der Habsburgermonarchie aufgeteilt. Als es dann zu Beginn der 1830er Jahre zu revolutionären Bewegungen in Deutschland und Italien kam, schlossen sich diesen Bewegungen viele im Exil lebende Polen an, immer in der Hoffnung, dass auch sie ihren verlorenen Staat wiederbekämen. 1846 kam es dann zu einem tatsächlichen Aufstand auf dem österreichischem Gebiet. Den Revolutionären standen bäuerliche Verbände entgegen und die Bauern behielten die Oberhand. Viele töteten ihre ehemaligen Gutsherren und weil die österreichischen Behörden Angst bekamen, dass die Unruhen sich ausbreiteten, gingen sie anschließend militärisch gegen die Bauern vor. Für die Beschreibung dieses Zustandes bildete sich ein neuer Begriff. Die polnische Sprache bediente sich des deutschen Wortes Raub und wandelte es zu Rabacja um. Anschließend erfolgte im Deutschen eine Verballhornung dieses Wortes zu unserem Rabatz.

Die Grundlage war also bereits unser Wörtchen Raub. Damit wird eine gewaltsame Wegnahme beschrieben. Bereits im Althochdeutschen im 8. Jahrhundert kannte man dieses Wort als roub. Doch nicht nur in unseren Landen waren Abwandlungen des Raubes im Umlauf. Im Altsächsischen, Mittelhochdeutschen, Mittelniederländischen, Altenglischen und im Lateinischen gab es einige Variationen dieses Wortes. Die Bedeutungen von Raub und rauben waren ebenso zahlreich. Darunter zählten:
(zer-)reißen, brechen, (Kriegs-)Beute, Plünderung und mit Gewalt nehmen. Manch eine Bedeutung hat sich bis heute nicht verändert. So wandelbar eine Sprache auch sein kann, manches bleibt stets gleich, überwindet aber auch Grenzen.

Und wo wir schon beim Thema sind: Wer hat für viel Rabatz mit seinem Raub gesorgt? Natürlich der Merseburger Rabe! Die Entstehung seines Namens hat der Vogel seinen eigenen Lauten zu verdanken. Im Althochdeutschen war es hraban und ähnlich wie in anderen europäischen Sprachen gab und gibt es raven (englisch), hrafn (altnordisch), ravn (dänisch) oder rave (mittelniederdeutsch). Aus dem Griechischen kennen wir den korax, aus dem Lateinischen den corvus. Aus letzteren entwickelte sich dann auch die Bezeichnung Krähe. Gerade in der christlichen Wahrnehmung, kam ein Rabe nie gut weg. Es waren Vögel des Unheils und alles erdenklich böse lastete man ihnen an.

Quellen:

Etymologisches Wörterbuch des Deutschen.

Jürgen Heyde: Geschichte Polens.

Sonntag, 9. November 2014

85. Beitrag - Koboldkunde - Teil II

Kobolde existieren wahrscheinlich in fast jedem Kulturkreis dieser Welt. Ihre Vielfalt, allein auf dem Gebiet der Bundesrepublik, ist dabei schon beachtlich. Manchmal ist die Rede von kleinen grauen bis schwarzen Männchen, die meist hilfsbereite Geister sind. Einige von ihnen können sich in einen Feuerball verwandeln und davonfliegen, was ihnen auch die Bezeichnung Drache eingebracht hat. Als Klabautermänner reisten sie sogar zur See. Jenseits der Grenzen unseres Landes gibt es allerdings noch ganz andere Arten von ihnen. Bei manchen werden Sie die Stirn runzeln, Ihren Augen und Ohren nicht trauen.

Gehen wir zeitlich etwas zurück in die Zeit des Römischen Imperiums oder anders ausgedrückt zum Jahre Null unserer Zeitrechnung. Streng genommen handelt es sich bei den Penaten eigentlich nicht um Kobolde. Stattdessen waren es Haus- und Schutzgottheiten. Sie sollten das Haus hüten und die Habe verteidigen. Zu ihrer Huld opferte man Speisen am heimischen Herd. Hier war auch der Platz, an welchem Bilder von ihnen hingen. Vergleichen wir sie jetzt einfach einmal mit den Kobolden wie wir sie kennen. Bei den Penaten handelte es sich anscheinend um ernste Gottheiten, während unsere Hausgeister mehr zu Späßen aufgelegt waren. Wir wissen leider nicht, welches Speiseopfer ihnen dargebracht worden war, doch unsere Kobolde sollten täglich eine frische Schale mit süßer Milch bekommen. Während die Penaten in den Bildern am Herdplatz wohnten, machten es sich unsere Kobolde im Brotschrank gemütlich. Die Schutzfunktion behielten unsere Hausgeister bei, darüber hinaus bewachten sie nicht nur Haus und Habe, sondern sogar das dazu gehörende Land, wie z.B. der Kötzschauer Kobold, der Felddiebe erstarren lassen konnte. Zu den römischen Penaten gesellten sich noch die Laren. Ihnen oblag der Schutz einzelner Familien sowie ihrer Felder. Selbst so manche Wegkreuzung wurde von ihnen beschützt. Betrachtet man unsere Kobolde dahingegen, so übernehmen sie die Aufgaben von Laren und Penaten zusammen. Weshalb werden sie bei uns aber als Hausgeister und nicht als Schutzgötter dargestellt? Dies hat vermutlich etwas mit dem christlichen Glauben zu tun, denn das Erste Gebot lautet explizit, man solle nur einen Gott und keine Götter neben ihm verehren.

Reisen wir nun vom Süden Europas in den kalten und rauen Norden, nach Skandinavien. Die Wikinger versetzten Europa vor der Jahrtausendwende des ersten Jahrtausends unserer Zeitrechnung in Angst und Schrecken. Überall dort, wo ihre Drachenboote auftauchten, flohen die Menschen panisch. Aber die Wikinger waren nicht einfach nur wilde Krieger und Räuber, diese Sicht der Dinge wäre viel zu einseitig, denn ihre Kultur war reich. Sogar die Wikinger kannten Naturgeister. Zu ihnen zählten Riesen, Elben und Wichte. Die Riesen standen für die rohen Elementargewalten, während Elben die sanft wirkenden Naturkräfte symbolisierten. Umschreiben kann man die Elben auch als Seelen die im Wind, in Steinen, in der Erde, in Feld und Flur, Wald und Wiese wohnten. Auch unsere Kobolde standen ursprünglich für die Seelen von ermordeten Kindern. Elben waren gute und hilfsbereite Geister, die Freundschaft, Rat und Hilfe brachten. Unter Wichten verstand man Kobolde, Zwerge, Wichtlein und Wichtelmänner, je nachdem welcher Mundart man angehörte. Es gab die guten Schutzgeister, aber auch die niederträchtigen und bösen Wichte. Generell kannte die nordische Mythologie viele Arten von Geistern, darunter zählten sogar Nixe, Wasserfrauen und Wassermänner. Die Schrate waren verfluchte Geister, arme Seelen, manchmal Haus- oder Poltergeister, ein Waldmann oder ein kleiner Zwerg. Elben lieben es zu tanzen und zu spielen, sie sind fröhlich und die schönsten Lebewesen. Über sie gäbe es so viel zu schreiben, dass ihnen ganze Bücher und wissenschaftliche Abhandlungen gewidmet wurden.

Kobolde, also Hausgeister waren nicht nur uns Deutschen vorbehalten, bereits in der europäischen Antike kannten und verehrten die Menschen sie als göttliche Wesen. Ob in Süd- oder Nordeuropa, überall lebten Geister und Götter, die den Menschen schützen sollten.

Quellen:

Gerhard Fink: Who´s who in der antiken Mythologie.

Wolfgang Golter: Handbuch der Germanischen Mythologie.