Sonntag, 28. Dezember 2014

91. Beitrag - Politisch unkorrekt in der Geschichte

Sprache ist eine heikle Sache. Schnell können Worte, ob beabsichtigt oder unbeabsichtigt, fatale Folgen haben. Begünstigt durch das Internet erreichen Nachrichten die gesamte Welt innerhalb von Sekunden. „Politische Korrektheit“ ist ein Schlagwort unserer Zeit und so manches Zitat der Vergangenheit würde in unserer heutigen Zeit schnell politische Folgen haben. Doch was sagen die folgenden Zitate tatsächlich aus?

Der arabische Gelehrte Qazwînî über die Franken:

„Aber du siehst nichts schmutzigeres als sie, und sie sind perfide und gemein von Charakter; sie reinigen und waschen sich nur ein oder zweimal im Jahr mit kaltem Wasser, ihre Kleider aber waschen sie nicht, seitdem sie sie angezogen haben, bis sie in Lumpen zerfallen. Sie scheren ihre Bärte, und es sprossen nach dem Scheren nur abscheuliche Stoppeln.“

Arabische Gelehrte, die quer durch die damals bekannte Welt zogen, gab es einige. Meist handelte es sich um reisende Händler die Notizen über ihre vielen Aufenthalte machten. Objektiv waren diese Berichte sicherlich nicht. Dennoch sagen sie viel über den Zeitgeist aus. Die Franken bzw. die europäische Christenheit sollte als rau, ungehobelt und unzivilisiert dargestellt werden. Kein Wunder, bedenkt man die kulturelle Stufe der Araber, vor allem in den spanisch-maurischen Gebieten, so erscheint das damalige Europa kein lohnenswertes Leben geboten zu haben.

Otto von Bismarck über die Bayern und Österreicher:

„Wir wollen das preußische Königtum nicht verschwimmen sehen in der fauligen Gärung süddeutscher Gemütlichkeit.“

Österreich-Ungarn mit seinem Verbündeten Bayern war ein Dorn im Auge des späteren deutschen Kanzlers. Preußen musste sich seinen Platz an der Spitze hart erkämpfen, um mit den Süddeutschen mithalten zu können. Bismarcks Ziel war das Deutsche Kaisertum unter preußischer Führung. Ihm gefiel die Vorstellung eines deutschen Staates, mit der süddeutschen Mentalität kam er jedoch nur sehr schwer klar.

Bischof Thietmar von Merseburg in seiner Chronik über die Polen vom Standpunkt des Herzogs:

„Muß doch sein Volk wie eine Rinderherde gehütet werden und läßt sich wie ein störrischer Esel ohne harte Strafen nicht zum Nutzen seines Fürsten leiten.“

Weder darf man vergessen, dass Thilo ein Adliger, noch das er ein Bischof war. Für ihn existierte eine natürliche, von Gott gegebene Ordnung, nach denen alle Menschen Leben sollten. An der Spitze stand der Adel, Bauern und alle anderen von niederer Geburt mussten geführt werden, da sie besonders „anfällig“ für gotteslästerliche Verhaltensweisen waren. Er nahm einen Herzog in Schutz, der seine Untergebenen nicht gerade mit Samthandschuhen anfasste.

Da zwischen den Zitaten und unserer Betrachtung teilweise mehrere hundert Jahre liegen, sollten wir nicht sonderlich streng urteilen. Wir dürfen nicht vergessen, dass jede Zeit seine eigene Sprache hatte.

Sonntag, 21. Dezember 2014

90. Beitrag - Wehrhafter Glauben

Krieg und Glauben sind zwei Dinge, die sich manchmal nur schwer voneinander lösen lassen. Der heutige Fokus der Medien liegt dabei meist auf einem extremistischen Islam, doch ist nichts Neues dabei, wenn Kriege im Namen der Religion geführt werden. Betrachten wir die Religionsgeschichte, ist wohl keine der großen Religionen als durchgehend friedlich einzustufen. Denken wir an das Christentum, fallen uns gleich mehrere Konflikte ein: Die Kreuzzüge, der Bauernkrieg, der Dreißigjährige Krieg und und und... Neben diesen großen Kriegen, existieren aber viele Nebenkriegsschauplätze. Deren Ereignisse blieben meist weniger im kollektiven Gedächtnis, da es sich oftmals „nur“ um die Verfolgung religiöser Minderheiten handelte. Die friedlichen Aspekte des Glaubens kehrten sich dann schnell um und Fehlinterpretationen führten zu einem aggressiven Glauben. Es existiert weiterhin der Begriff des wehrhaften Glaubens, welcher eher defensiv als offensiv belegt ist. In mir weckt das Wort „wehrhaft“ das Bild einer Burg und es passt perfekt zu unserem heutigen Thema.

Le Mont-Saint-Michelle in Frankreich.
Die Geschichte des Christentums ist eine Mischung aus Verfolgung und Eroberung, Angriff und Verteidigung. Die Christen, anfangs von den Römern verfolgt, konnten sie Rom im Westen und Byzanz im Osten zu Zentren ihres Glaubens machen. Einer Ausbreitung über Europa waren nur dort Grenzen gesetzt, wo andere Religionen bereits fest in der Kultur verwurzelt waren. Doch genau in diesen Gebieten begann ein weiteres Kapitel des Christentums: Eroberung durch Missionierung. Um die Pracht ihres Glaubens zu vermitteln, schufen Generationen von Künstlern Gemälde, Goldschmuck und gewaltige Gebäude. Jedoch animiert Reichtum zum Rauben. Diese Darstellung ist natürlich nur sehr vereinfacht, soll sie doch nur einen Zugang zum Thema bieten.

Dort, wo Klöster und Kirchen entfernt größerer Städte und Burgen entstanden, bestand eher die Gefahr eines Raubüberfalls oder von Plünderung und Brandschatzung. Um die Wehrhaftigkeit des Glaubens zu demonstrieren, aber auch um das eigene Leben zu schützen, umgab man viele religiöse Stätten mit Wehrbauten und verwandelte diese quasi in kleine Burgen. Betrachten wir zunächst einmal die Standortwahl. Ein Hügel bot sich meist für einen Verteidigungsbau an. Eine aus der Landschaft herausragende Kirche bot zudem die Möglichkeit ein weiträumiges Gebiet zu überwachen. Doch ein Kirchturm macht noch keine Wehrkirche. Verallgemeinerungen können nie eine absolute Sicherheit geben und so muss man den Bau vor Ort stets auf seine Merkmale überprüfen, um festzustellen, ob die Kirche in der eigenen Umgebung zu den Wehrkirchen zählt. Doch zurück zum Thema. gerade an Orten an denen missioniert werden sollte, wurde die Kirche oftmals gegenüber dem lokalen Heiligtum - möglichst erhöht - gebaut. Die Menschen sollten das Gotteshaus immer im Blick behalten und gleichzeitig sehen, dass die Kirche über dem althergebrachten Heiligtum thront. Es war die sanftere Methode die Dorfbevölkerung zum Übertritt zu bewegen.

Wehrkirchen dienten vor allem in unruhigen Gegenden dazu den Menschen Schutz zu bieten. Eine Funktion, wie wir sie vor allem von den slavischen Burgwallanlagen her kennen. Da es sich bei den Wehrkirchen nur um kleine Befestigungsanlagen handelte, konnten sie schwerem Belagerungsgerät und ganzen Heerscharen nur sehr begrenzt und nur für kurze Zeit widerstehen. Gegen Räuberbanden oder kleinen Gruppen von Söldnern boten sie jedoch einen guten Schutz. Während im späten Mittelalter und in der beginnenden Neuzeit Feuerwaffen den Niedergang des Rittertums und des Burgwesens beschleunigten, behielten die Wehrkirchen ihre Funktion noch bis zum Dreißigjährigen Krieg hin. Gegen wenige Angreifer konnten die Kirchen mit Steinen, einfachen Armbrüsten und leichten Feuerwaffen verteidigt werden.

Quelle:

Heinz Müller: Wehrhafte Kirchen in Sachsen und Thüringen.

Bildquelle:

http://lh3.ggpht.com/_hVOW2U7K4-M/SmKRcDrUwqI/AAAAAAABDfI/KdBvS7CYhtE/s720/357551570_2a5955d577_o.jpg

Montag, 8. Dezember 2014

89. Beitrag - Der Mönchsgang von Kötzschau

Als Kirchenort war Kötzschau nie sehr berühmt. Selbst wenn man einer Fehlinterpretation folgt und die Kötzschauer Kirche bereits um das Jahr 1000 datiert, so war sie dennoch nie wirklich berühmt. Das Kirchgebäude jedoch wird von einem Mythos umgeben, an dem vor allem die älteren Einwohner festhalten. Die Rede ist von einem unterirdischen Gang, welcher angeblich von Mönchen angelegt worden war. Kurz zur Ausgangsituation: An das Kirchgebäude grenzt im Osten der Friedhof. In Richtung Westen kommt zunächst das ehemalige Pfarrgebäude, gefolgt von einigen bewohnten Grundstücken und schließlich das noch heute unter diesem Namen bekannte Mönchsgut. In früheren Zeiten, also noch vor der Reformation sollen einige Mönche hier gelebt und eine kleine Gemeinschaft gebildet haben. Als ich begann mich mehr für die Geschichte meines Heimatortes zu interessieren, schnappte ich auch einige verschiedene Sagen, Gerüchte und Legenden auf. Eine dieser Erzählungen besagte, dass ein unterirdischer Gang noch heute existiert. Dieser beginnt angeblich in der Kirche, führt weiter zum Mönchsgut und hat hier sogar einen eigenen Zugang, während sich der Ausgang im ehemaligen Gasthof auf dem Dorfplatz in Kötzschau befindet. Wieso aber endet der Weg ausgerechnet in einem Gasthof?

Die einzige Antwort, die mir die Leute auf diese Frage geben konnten war, dass die Mönche ungesehen und heimlich saufen konnten. Im ersten Moment klingt es ganz logisch, doch denken wir diesen Gedanken einmal zu Ende. Der Tunnel musste noch vor der Reformation angelegt worden sein, da die Überlieferungen seit dem 16. Jahrhundert rapide anstiegen und niemand je ein Wort über den Tunnel verloren hat. Andererseits müsste dieses Gerücht bereits seit über 500 Jahren im Umlauf sein. Warum also findet sich nirgends eine Aufzeichnung darüber?

Und warum sollten die Mönche heimlich zum Saufen gehen. Immerhin oblag den Mönchen das Braurecht und Bier gehörte nun einmal zu den Grundnahrungsmitteln. Die Sage über den Tunnel hat mich an eine andere Legende erinnert, nämlich die der Maultasche. Angeblich wurde während der Fastenzeit ein großer und saftiger Schinken vor die Tore des Klosters Maulbronn auf dem heutigen Gebiet des Bundeslandes Baden-Württemberg abgelegt. Einerseits durften die Mönche diesen nicht essen, andererseits wollten sie das gute Stück nicht einfach verkommen lassen. Hin- und hergerissen kam ihnen schließlich die rettende Idee: Die Mönche zerkleinerten das Fleisch und schlossen es in Teig ein. Die Maul(-bronn)tasche war geboren. Gott sollte nicht sehen, wie die Mönche während der Fastenzeit offen Fleisch verspeisten, in der Tasche war es gut versteckt. Ähnlich verhält es sich mit der Kötzschauer Tunnelsage, denn Gott sollte nicht sehen, wie sich die Mönche zum Saufen begaben.

Oder war es einfach viel Lärm um Nichts? Solch einen Tunnel, welchen man vor der Reformation aufgab, konnte schwerlich Jahrhunderte unversehrt bestehen bleiben. Vielleicht waren es auch Luthers Anhänger, die diese Gerüchte in die Welt setzten, um die Anhänger des in ihren Augen alten Glaubens zu diffamieren. Mit Sicherheit können wir nur sagen, dass wir keine sicheren Erkenntnisse haben. Oder doch? Als ich in der Heimatstube, dem kleinen Dorfmuseum in Kötzschau, aushalf, trat ein Mann an mich heran und erzählte mir eine scheinbar unglaubliche Geschichte. Er wollte den Gang entdeckt habe. Er erzählte, als er mit seinen Eltern in seiner Kindheit neu nach Kötzschau gezogen war, es eine Art Konkurrenzkampf gab. Gerade entstand in der Nähe des Bahnhofs die Neubausiedlung. Die Kinder der alteingesessenen Familien und die der neuen Bewohner spielten sich gegenseitig Streiche. Es ging soweit, dass sie die Kühe der Bauern aufschreckten und Chaos auf den Weiden verursachten. Eines Tages erwischte ein Bauer sie dabei und jagte sie durchs Dorf. Da es bereits dämmerte, dachten die Kinder, dass sie sich gut auf dem Friedhof verstecken konnten. Da der Bauer ihnen eine Lektion erteilen wollte, dauerte die Verfolgung an. Gerade als die Kinder bei der Kirche in Deckung gingen, brach unter ihren Füßen der Boden zusammen. Sie waren verwundert, denn sie fielen nicht sehr tief und befanden sich in einer Art Tunnel oder Keller. Gemälde und alte Möbelstücke stapelten sich hier. Als sie davon erzählten, wollte niemand ihnen Glauben schenken, da der Raum am nächsten Morgen verschwunden war.

Ein Augenzeuge als Beweis? Wohl kaum, denn auf diese Art verbreiten sich Gerüchte und Sagen entstehen. Ob seiner Geschichte ein wahrer Kern zu Grunde liegt, lässt sich nur sehr schwer herausfinden. Ein möglicher Beweis wäre der unterirdische Gang samt Inhalt.