Für
die Franzosen war es ein Schock. Ihr mühevoll aufgebautes Kaiserreich und ihre
stolze Armee, all das innerhalb weniger Wochen zerschlagen. Noch größer war jedoch
die Schmach, als der Preußenkönig
Wilhelm im Spiegelsaal von Versailles zum ersten deutschen Kaiser
ausgerufen wurde. Deutschland war zum ersten Mal geeint. Für diese Einigung
brauchte es jedoch 3 Kriege und ein Oberhaupt, dass etwas bleibendes schaffen
wollte. Damit ist jetzt jedoch nicht Wilhelm
I. gemeint, sondern der neue Reichskanzler
Bismarck. Er war es, der die deutschen Fürstentümer in die Kriege gegen
Dänemark, Österreich und Frankreich führte. Aber warum ausgerechnet ein Preuße
auf dem deutschen Thron? Wie reagierte der zweite größere König im Reich, als
der König von Bayern auf so einen offensichtlichen Affront?
Er
stimmte zu. Warum auch nicht, schließlich konnte Bismarck den Bayernkönig Ludwig II. finanziell
ruhigstellen. Der Lebensstil des Bayern verschlang ein ziemliches Vermögen und
damit er sich diesen weiterhin leisten konnte, kam er dem Reichskanzler
entgegen und gab diesem seine Zustimmung. Es war vollbracht, die Einheit
Deutschlands zum ersten Mal vollzogen. Dabei sah die Zukunft des Reiches längst
nicht so rosig aus. Nur mit Widerwillen akzeptierte Wilhelm I. die Kaiserkrone,
eigentlich wollte er sie nicht. Reichskanzler Bismarck nahm dagegen bereits
sein nächstes Ziel ins Visier. Sein neugeschaffenes Reich sollte Bestand haben,
aber neuer Ärger stand ihm schon vor seiner Tür. Die vier bisherigen Großmächte
England, Frankreich, Russland und Österreich beäugten Deutschland misstrauisch.
Nach den drei Kriegen hatten sie immerhin allen Grund dazu.
Ludwig II. |
Frankreich sah sich im
Nationalstolz gekränkt. Elsaß-Lothringen mussten sie an die Deutschen abgeben,
ihre Armee geschlagen, der Kaiser in Haft und Reparationszahlungen in Höhe von 5 Milliarden Goldfranc. Es war eine
ungeheuerlich große Zahlung. Für die Franzosen war die Sache noch nicht
ausgestanden.
England zeigte zwar Interesse
an der Einigung, dennoch war es ihnen im Prinzip egal. Solange die Deutschen
ihre Interessen nicht störten, war es der britischen Krone ziemlich egal.
Russland wartete vorsichtig
ab. Bismarck schaffte es einige Jahre lang das Zarenreich als verbündeten an
sich zu binden. Dennoch war der Zar nicht immer begeistert von dieser
„Freundschaft“. Sie selbst sahen sich dabei natürlich als Anführer und
Deutschland in der Rolle des Juniorpartners. Das russische Kaiserhaus wollte
einen zuverlässigen Verbündeten, ob es sich dabei um ein anderes Kaiserhaus
oder eine Republik handelte, war ihnen egal.
Österreich erlitt zwar 1866
eine erhebliche Niederlage, kriegerisch wie politisch, dennoch suchten sie den
Anschluss. Warum auch streiten? Die Interessensgebiete der zwei Kaiserreiche
überschnitten sich nicht, sondern ergänzten sich eher.
Gerade
in den ersten Jahren erschwerten Krisen die politische Bühne Bismarcks, denn er
war es, der der eigentliche Regent war. Der Reichskanzler rang nach Oberwasser
im Kulturkampf, erst gegen die Katholiken, Jahre später mit ihnen.
Außenpolitisch versuchte er in der „Krieg-in-Sicht“-Krise (Klick mich!) Frankreich zu
isolieren, schoss sich damit aber ein Eigentor. Russland erwies sich stets als
sehr unzuverlässig, demütigten doch die russischen Diplomaten ihre deutschen
Kollegen. Selbst ein Bündnis mit dem Zaren änderte nicht die allgemeine Lage,
denn Russland wollte das Sagen haben. Und dann waren da ja noch die
Sozialdemokraten, ein Verbot später sägte er damit langfristig gesehen nur an
seinem eigenem Stuhl. Immerhin sorgte er für die Einführung der gesetzlichen
Krankenversicherung (1883) und der gesetzlichen Unfallversicherung (1884).
Ferdinand III. |
1888
sollte zum ersten Schicksalsjahr für das Kaiserreich werden. Ein Jahr, drei
Kaiser. Wilhelm I. starb im März.
Sein Sohn Ferdinand III. folgte ihm
auf den Thron, für 99 Tage sollte er der Regent sein. Sein Sohn Wilhelm II. übernahm und führte das
Reich. Er war es, der dafür sorgte, dass Bismarck aus dem Amt gehoben wurde. Ähnlich
wie Russland oder Österreich war auch Deutschland ein politisches Pulverfass.
Sozialismus, Kommunismus, Nationalismus, Militarismus, Antisemitismus,
Kapitalismus - Sie sehen schon, die Vielfalt der Meinungen schien keine Grenzen
gesetzt zu sein. Nach der Ermordung des österreichischen Thronfolgers und dem
Kriegseintritt des Reiches bündelte es sich anscheinend in einer Richtung: Für
den Kaiser, für Deutschland! Dieser sogenannte „Turmfrieden“ war jedoch
trügerisch.
Wilhelm II. |
Die
Erwartung Frankreich im Westen und Russland im Osten schnell zu besiegen sollte
sich nicht erfüllen. An der französischen Front rieben sich die Armeen in
Grabenkämpfen auf. Nicht ganz so festgefahren war die Situation im Osten, die
Front war ständig in Bewegung. 1917 wurde unter größter Geheimhaltung Lenin und
andere Bolschewiki nach Russland per Zug verfrachtet. Ihnen gelang es den Krieg
zwar zu beenden, allerdings mussten sie dem deutschen Reich zum „Dank“ große
Zugeständnisse machen. All das nützte der Führung nichts mehr. Die Soldaten
waren ebenso wie der Nachschub erschöpft. Später sollte die „Dolchstoßlegende“
die Runde machen, bei der das Kaiserreich angeblich im Felde unbesiegt
geblieben war und nur von hinten, also aus den eigenen Reihen, „erdolcht“
wurde. Doch diese Lüge kann nicht darüber hinwegtäuschen, wie anfällig und
marode das politische System war.
Verantwortungslosigkeit
und Maßlosigkeit ließen Europa in Flammen aufgehen, längst nicht so verheerend
wie unter den Nationalsozilisten, dennoch war Europa anfälliger denn je für
Spannungen aller Art. Die Schuld am Krieg trugen viele, die Ereignisse die zu
diesem führten waren sehr komplex. Das wir heute als ein Europa zusammenstehen,
mussten und müssen wir noch immer lernen. Nie zuvor in der Geschichte herrschte
solange Frieden im Zentrum Europas. Gerade die enge Partnerschaft die
Deutschland und seine Nachbarn heute pflegen, ist Europas Trumpf. Man kann aus
der Geschichte lernen, wenn man offen für die Lektionen ist. Trotz aller
Krisen, die wir heute haben, war Europa noch nie so erfolgreich, dank eines
jeden Einzelnen.
Weiterführende
Literatur:
Ullrich,
Volker: Die nervöse Großmacht 1871-1918
Jäger, Oliver: Die Krisenjahre 1874-1875. Die so genannte "Krieg-in-Sicht"-Krise, ein Beispiel für die Drohpolitik Bismarcks
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen