Das
große Stichwort des Tages heißt Lokator.
Mit diesem Begriff bezeichnet man eine Berufsgruppe, wie wir sie heutzutage
nicht mehr kennen. Bei den Lokatoren handelte es sich um Siedlungsunternehmer.
Es waren Mittelsmänner zwischen den Landesfürsten, die den Ausbau vorantreiben
wollten und den Bauern, welche das Land besiedeln sollten.
Wichmann, Erzbischof
von Magdeburg,
war nicht der erste Landesfürst, der auf die Dienste eines Lokators
zurückgriff. Dafür war er der Erste, der dies professionell und im großen Stil
betrieb. Der Vorgang an und für sich ist recht einfach zu beschreiben. Man
erwählte eine Person, die man für fähig erachtete und stattete diese mit Geld
und Baumaterialien aus. Zunächst einmal zog der Lokator in ein Gebiet mit
Überbevölkerung. Bauern, Handwerker und andere Freiwillige wurden angeheuert.
Man versprach ihnen eigenes Land und Steuerfreiheit auf mehrere Jahre. Im
Gegenzug musste das neue Gebiet urbar gemacht werden. Anschließend zog der
Tross dorthin, wo der Auftraggeber ihn haben wollte. Dies konnte wilde
Ländereien umfassen, aber auch bereits vorhandene, meist slavische, Siedlungen.
Der Lokator selbst bekam als Belohnung Sonderrechte eingeräumt. Er wurde
Dorfvorsteher und seinen Besitz erhielt er als Erbgut. Für die Fürsten, aus
dessen Gebiete die Siedler stammten, ergaben sich ebenso Vorteile. Die
Überbevölkerung wurde sanft verwischt. Man konnte Bündnisse stärken und
Sonderrechte in den neu erschlossenen Gebieten erhalten.
Das
Angebot, was die neuen Siedler östlich der Elbe erwartete, war extrem verlockend
und sie kamen zahlreich. Zwar musste das Land erst urbar gemacht und bebaut
werden, dennoch konnten die Bauern nun ihre Familien ernähren. Reisende
Kaufleute erschlossen neue Absatzmärkte und auch Handwerker wurden
benötigt. Unter ihnen waren Flandern,
Schwaben, Franken, Westfalen und Niederländer. Die Siedler brachten ihre
Bräuche und Fähigkeiten mit. Zudem ist es uns heute noch gut möglich, auch ohne
Urkundengrundlage, die Herkunft einzelner Gruppen festzustellen. Man muss nur
wissen worauf es ankommt. Sicherlich kennen Sie Orte die auf -hain, -rode, oder -wald enden.
Diese sind aus Rodungsgebieten entstanden. Ebenso vertraut sind Ortschaften mit
einem -dorf am Ende, wie Günthersdorf
oder Witzschersdorf. Diese stammen von einer Namensableitung, also dem Dorf des Gunther oder dem Dorf des Wigbert. Doch solch einfache
Erklärungen sind mit Vorsicht zu genießen, denn dort wo uns eine schriftliche
Grundlage fehlt, muss man den ursprünglichen Namen erraten. Und dieser könnte
ganz anders gelautet haben.
Der
Vorteil, den Erzbischof Wichmann besaß war ein ganz erheblicher, denn sein
Erzbistum grenzte an nahezu unerschlossenes Land. Indem er neue Siedlungen
initiierte, konnte er das geltende Magdeburger Recht in die neuen Gebiete
bringen. Dabei handelte es sich aber keineswegs um ein standardisiertes und
niedergeschriebenes Regelwerk, sondern vielmehr um die geltenden Rechte in
Magdeburg selbst. Im Fall einer Streitigkeit konnte dann auf dieses Recht
verwiesen werden, um eine Verhandlung schnell durchzuführen. Gewissermaßen
machte das die neuen Siedler abhängig von dem Erzbischof, denn immer wenn eine
Besonderheit auftrat, schickte man Boten nach Magdeburg, um diese abzuklären,
damit ein Urteil gefällt werden konnte. Das Recht entwickelte sich auf diesem
Weg weiter und wurde komplexer. Anhand der erhaltenen Urkunden kann man die
Strahlkraft Magdeburgs und ihrer Herrscher noch heute erkennen. Ebenso die
Taten der Landesfürsten und der Menschen, die die neuen Gebiete erschlossen.
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