Die Geschichte von Krankheit und Heilung ist, nun man könnte sagen, sehr
zwiespältig. Ursprünglich fassten die Menschen Krankheiten als göttergegeben
auf. Doch was heißt schon ursprünglich? Wir haben keine schriftlichen Zeugnisse
über die Grundsatzfragen von Krankheiten zu Beginn der Menschheitsgeschichte. Mit dem
Einsetzen der Schrift wurden früheste Methoden für uns greifbar. Die ersten für uns Europäer wichtigen
Schriften entstammen der griechischen Antike. So wissen wir, dass die Menschen
Krankheiten auf die Launen der Götter zurückzuführen versuchten. Man war noch
weit von den Erkenntnissen der Mikrobiologie entfernt. Krankheiten waren etwas
unnatürliches. Oft brachen sie über einen herein und es gab nichts, was man
gegen sie unternehmen konnte. Das größte Problem dabei war, dass die Menschen
die Krankheiten nicht verstanden. Wir müssen uns einfach anschauen, wie Tiere
sich verhalten, wenn es ihnen schlecht geht. Sie verstehen in diesem Fall ihren
Zustand nicht wirklich.
Doch wie kam man davon ab? Es war das Alte Griechenland, in dem der
Fortschritt seinen Lauf nahm. Sie waren zwar nicht die älteste europäische
Hochkultur, aber ihr Wissensdrang war enorm. Alles begann auf der Insel Kos mit
verschiedenen Ärztefamilien, den Namen der berühmtesten kennen wir noch heute:
Hippokrates. Dabei handelte es sich keineswegs um nur eine Person, sondern um
mehrere Generationen des gleichen Namens. Auf Kos etablierten sich neben ihnen
noch weitere Familien des gleichen Berufsstandes. Den Namen Hippokrates kennen
wir deshalb so genau, weil er als Begründer der Lehre von Diagnose und wissenschaftlichem
Ansatz gilt. Die wichtigste Erkenntnis dieser frühen medizinischen Forschung
war, dass die Götter einen nicht straften. Man war gewissermaßen unschuldig an
seinem Zustand. Immerhin der erste wichtige Schritt in die richtige Richtung.
Doch der Weg bis zur heutigen Schulmedizin war noch weit entfernt.
Als die Römer die Vorherrschaft im Mittelmeerraum antraten, sollte man
meinen, dass die Medizin einen neuen Höhepunkt erreichen sollte. Weit gefehlt,
denn Krankheiten zeigte man nicht in Rom. Warum eigentlich? Vielleicht konnten
wahre Römer nicht krank werden, stammten sie doch von den Göttern ab. Es war
eine schöne Vorstellung, doch Viren und Bakterien scherten sich nicht darum.
Erst unter Julius Caesar änderte sich dieser Zustand, indem er ausländischen
Ärzten, die sich in Rom niederließen,
dass römische Bürgerrecht verlieh. Doch dauerte es noch einmal fast 200 Jahre,
bis sich der Berufsstand des Arztes vollends etablieren konnte. Zu verdanken
war es unter anderem dem Fachwissen und der Redekunst des Galen von Pergamon.
Er war es auch, der der Medizin eine neue Erkenntnis beisteuerte: Körper und
Seele bilden eine Einheit und beides muss behandelt werden! Sein Werk und die
Schule des Hippokrates bildeten die Grundlage der mittelalterlichen Medizin.
Das Mittelalter stellen wir uns gern dreckig vor. Heerscharen
ungewaschener, verlauster und mit anderen Parasiten verpesteter, dummer
Menschen. Im Prinzip passt dieses Bild. Und es ist grundsätzlich falsch.
Nördlich der Alpen, auf dem heutigen Gebiet der Bundesrepublik trafen mehrere
medizinische Strömungen zusammen. Antikes Wissen, Klosterheilkunde,
orientalische Medizin, die jüdische Fachkenntnis der Hygiene und und und. Hinzu
kommen verschiedene Volksweisheiten von germanischen und slavischen Stämmen.
Doch auch der Gottesglaube spielte eine große Rolle, vielleicht sogar die
Hauptrolle. Heilige, deren Körperteile, Kleidung oder Accessoires sollten eine
heilsame Wirkung besitzen, man musste nur etwas von ihnen berühren. Prävention
zu betreiben hat seinen Ursprung übrigens ebenso in dieser Zeit, wer nicht
krank werden wollte, sollte sein Leben nach göttlich gebotener Vorstellung
führen. Zur Unterstützung der Heilung vertraute man zudem auf verschiedene
Kräuter und Mixturen. Selbst Kannibalismus war nicht unüblich, immerhin gehörten Mumien zum Repertoire der
Apotheker. Medizin war, genauer betrachtet, zum Glücksspiel geworden. Es gab
keine Gewährleistung auf Heilung, sondern nur die allumfassende Weisheit: So
Gott will.
Dieser Beitrag war natürlich nur ein kleiner Teil der Geschichte der
Krankheit. Was heute zu kurz gekommen ist, wird an anderer Stelle noch
ausführlicher behandelt werden. All die menschlichen Vorstellungen zusammen zu
führen ist mühsam, aber spannend.
Quelle und sehr zu empfehlen:
Zeitschrift Karfunkel Codex Nr. 11, 2013 - Von Aderlass bis Zipperlein
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