Heute zur Stadt Leuna gehörend, war
Kötzschau im 16. Jahrhundert eigenständig und steuerlich dem Amt Lützen
unterstellt. Bekannt für seine Saline und für den Bahnhof, von welchem das
gewonnene Salz abtransportiert werden sollte. Doch vor der Visitation, war an die
Saline noch nicht zu denken. Mit seinen 28 Häusern und dem Rittergut war das
Dorf selbst sicherlich kein Ort, der mit Größe, Macht und Einfluss glänzen
konnte. Die Einkommen von Pfarrer Thomas Gabriell jedoch waren breit verteilt. So
besaß er, stellvertretend für die Pfarre vor Ort, genug Land, um es anderen zum
Lehen geben zu können. Hinzu kamen noch weitere Einkünfte aus Treben,
Günthersdorf, Groß- und Kleinlehna sowie einigen weiteren Orten.
Man müsste also meinen, dass man als Pfarrer
in Kötzschau ein ruhiges Leben führen konnte. Und tatsächlich, der Küster war
versorgt und die einzige Beanstandung die vorlag, richtete sich an die
Kirchverwaltung in Merseburg. Thomas Gabriell hatte aus eigener Tasche in die
Pfarre investiert und wollte das Geld erstattet bekommen. Ansonsten sah es gut
für den Pfarrer aus, immerhin hielt er sich noch 3 Gänse, 2 Kühe und ein Kalb
sowie 6 Schafe. Manch anderer träumte von solch einem Reichtum.
Mittlerweile befinden wir uns, 16 Jahre
später, im Jahr 1578. Der neue Pfarrer Lucas Clemens stammte aus Dresden.
Durchstöbert man die Visitationsberichte so scheint es, dass Hirte und Herde
nicht recht warm miteinander wurden. Zu seinen Wochenpredigten blieb die Kirche
leer. Wenn das Glück ihm hold war, erschien die Dorfbevölkerung mit erheblicher
Verspätung. Das seine Kirche oftmals leerblieb, schien er zu erdulden und nahm
es niemanden ernsthaft übel, denn im Krankheitsfall stattete er den Menschen
einen tröstenden Besuch ab. Schule wurde 1578 nicht mehr gehalten und das
Verhältnis zwischen Pfarrer und Küster Jost Pfeusch war vermutlich ebenfalls
nicht das Beste. Die Junker, derer von Burkersroda verstanden sich mit dem
Pfarrer anscheinend blendend um kamen regelmäßig in die Kirche. Sicherlich
liegt es da Nahe, dass sie gut von dem Ertrag ihrer Bauern leben konnten,
weswegen sie Zeit für die Predigten hatten. Sie redeten ihm nicht in seine
Arbeit rein, boten ihm Schutz und halfen bei der Durchsetzung seiner
kirchlichen Anordnungen.
Das Gericht wurde einmal im Jahr von der
Familie von Burkersroda gehalten und sie schienen die Menschen im Dorf gut im
Griff gehabt zu haben. Wilde Saufgelage gab es nicht und sogar bei dem
Pfingstbier hielten sich die Menschen eisern an die Vorgaben ihres Junkers. So
streng die Obrigkeit anscheinend auch war, um die Armen und Kranken wurde sich
gekümmert. Mancherorts gab es Beschwerden der Einwohner über ihren Pfarrer, in
Kötzschau jedoch war man, trotz einiger Unstimmigkeiten sehr zufrieden. So
hielt er seine Predigten ruhig und ohne einen Streit dabei anzufangen, was
woanders nicht jedem Pfarrer gelang.
Während die erste Visitation im Januar und
Februar 1578 stattfand, gab es noch eine zweite im September des gleichen
Jahres. Innerhalb dieses halben Jahres scheint die eigentlich recht entspannte
Situation im Dorf eskaliert zu sein. Zur Wochenpredigt erschienen immer noch
keine Zuhörer, Schule wurde ebenso wenig gehalten und der Küster ist nicht der
fleißigste gewesen, laut dem Pfarrer. Es verwundert deswegen nicht, dass eine
neue Modeerscheinung auftrat: Gotteslästerung. Von einer Mode muss
man sprechen, da es den Berichten nach viele taten und es wahrscheinlich noch
nicht sehr lang der Fall war. Allerdings sollte man kein vorschnelles Urteil
fällen. Das Leben der Bauern war äußerst hart und anstrengend, die Obrigkeit
streng. Sie mussten entscheiden, ob es wichtiger war die Tiere zu hüten und die
Felder zu bestellen oder zu den Predigten zu gehen. Ob Küster Jost Pfeusch
tatsächlich faul und ungehorsam war, bleibt zu bezweifeln. Ihm fehlten nicht
nur Sitzmöglichkeiten für seine Schüler, sondern auch hier musste entschieden
werden, ob Schule vor Arbeit ging.
Quelle:
Friedensburg:
Die Protokolle der Kirchenvisitationen im Stift Merseburg von 1562 und 1578.
Weitere Visitationsberichte:
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen