Vor der Wende des
ersten Jahrtausends wurden die Küsten Nordeuropas heimgesucht. Egal ob
Atlantik, Nord- oder Ostsee, überall durchstreiften die Wikinger die Gewässer,
immer auf der Suche nach fetter Beute. Fischerdörfer waren ihnen hilflos
ausgeliefert und Städte brannten. Besonders beliebt waren Klöster, wurden diese
doch meist reich begütert. Der Christengott war schwach in ihren Augen und die
Gläubigen selbst konnten als Sklaven weiterverkauft werden. Doch die Nordmänner
unterschätzten die Anziehungskraft des Christentums und erlagen schließlich der
Bekehrung durch dessen Priester. Aus Raubzügen wurden anerkannte Kriege. Doch
noch immer gab es Heiden direkt vor der eigenen Tür. Ein slavischer Stamm
befand sich direkt vor der Nase der Wikinger.
Szenenwechsel: Egal
ob man Ranen, Rujanen oder Rugianer, wie Helmold sie nannte, dass slavische
Volk das Rügen bewohnte, war weithin gefürchtet. Niemand konnte ihnen Einhalt
gebieten. Wenn ihnen Land gefiel, nahmen sie es sich. Und die Wikinger, ihre
direkten Konkurrenten? An den dänischen Küsten waren sie ihnen unterlegen. Doch
1168 sollte zum Schicksalsjahr von Rügen werden. Der dänische König Waldemar I.
errang mit seiner Armee den Sieg über die Ranen. Die Slavenburg mitsamt
Svantevittempel schliffen die Dänen bis auf die Grundmauer, so dass uns heute
nur der einstige Burgwall erhalten blieb. Waldemar ließ die Slaven sich
versammeln, natürlich nur unter der Aufsicht seiner Armee. Anschließend wurde
dem Bildnis des Svantevit ein Strick um den Hals gelegt und man schleifte es
unter den Augen der Dänen und Slaven durch das Heereslager. Mit Äxten wurde es
zerhackt und brannte am Ende lichterloh.
Waldemar lobt Helmold
in seiner Chronik. Der König der Dänen raubte den Schatz und verwendete diesen
sowie seine eigenen Mittel, um auf der Insel Kirchen bauen zu lassen. Ganze 12
Stück sollten im Lande der Rugianer entstehen, denn ihren Glauben mussten sie
ohnehin ablegen. Dabei erhielt Waldemar Hilfe von den beiden Bischöfen Absalon
von Roeskilde und Berno von Mecklenburg. Jaremar, der Fürst der Rugianer, sah
nun seine große Chance gekommen. Den neuen Glauben annehmend verpflichtete er
sich diesem völlig. Er zog durch seine Ländereien, predigte, drohte aber auch
den noch Ungläubigen sich bekehren zu lassen. Für diese Taten erhob Helmold ihn
in seinem Werk zu einem Apostelfürsten, also jemanden, der direkt an der Seite
Jesu thront.
In der Slavenchronik
lesen wir aber noch von einer Sage aus viel älterer Zeit. Das Land der Ranen
weihten die Franken einst für den heiligen Veit. Mönche des Klosters Corvey,
welches ebenso dem heiligen Veit geweiht war, begaben sich auf die Insel Rügen
und wollten dort angekommen, missionieren. Sie kamen mit ihrem Werk gut voran.
Doch unser Chronist wusste bereits um die Verstocktheit der Ranen und darum sah
er hierin den Grund, für das was anschließend geschah. Die Ranen nämlich
verdrehten die Worte der Missionare und statt dem Christengott zu dienen, sahen
sie in Veit einen Gott, den es zu verehren galt. Der heilige Veit wurde somit
also zum Gott Svantevit. Natürlich ist dies nur eine Sage, aber wie wir ja
wissen, steckt in jeder Sage auch ein Körnchen Wahrheit. Als Gott der Götter
mussten alle Slaven ihm Tribut leisten. Auch war es der Priester von Svantevit,
der noch im Rang über dem König stand.
Gut kamen die Ranen
im Werk Helmolds also nicht weg, oder? Liest man weiter, wendet sich das Blatt
zu Gunsten der Inselbewohner. Der Chronist lobte ihre Gastfreundschaft über
alle Maßen. Sie ehrten ihre Eltern und Bedürftige oder Bettler suchte man bei
ihnen vergebens. Wurde man durch Altersschwäche oder Krankheit unfähig sein
Leben zu führen, so schickte man Kunde zu ihren Verwandten, also meist den
Kindern. Diese waren dann in der Pflicht, sich um ihre Eltern zu kümmern und
diese zu versorgen. Die Insel selbst war reich an Wild, Fisch und Früchten, die
hier überall gediehen. Und dort wo heute Rügens berühmtester Leuchtturm steht,
befand sich früher die Hauptstadt: Arkona.
Quelle:
Helmold von Bosau:
Chronik der Slaven.