Leider ist das
Mittelalter nicht so mitteilungsbedürftig, wie man es sich manchmal wünschen
würde. Zwar gibt es bereits viele Schrifttümer, doch ist ihre Anzahl noch recht
überschaubar. Die wenigen Informationen, die wir durch sie gewinnen, müssen
sorgfältig miteinander abgeglichen und ausgewertet werden. Zu den großen
Chronisten zählen wir den bereits vielfach genannten Thietmar von Merseburg mit
seiner sächsischen Kaiserchronik, Helmold von Bosau mit seiner Slavenchronik
und Adam von Bremen, der über die Hamburger Kirchengeschichte berichtete. Das
fatale an den Chronisten ist, dass sie sich oftmals auf einen Vorredner berufen
oder das niederschreiben, was sie lediglich von anderen gehört haben wollen.
Dabei kann es natürlich zu fehlerhaften Berichten kommen. Sie wissen sicherlich
selbst, wie schnell Gerüchte für wahr erklärt und Erzählungen für bare Münze
genommen werden können.
Die mittelalterlichen
Chronisten und Geschichtsschreiber hatten dahingegen noch ein weiteres großes
Problem: Es gab keine Kopiermaschinen. Bücher mussten per Hand vervielfältigt
werden. Ein Fehler konnte das Werk mehrerer Tage Arbeit zunichtemachen,
Korrekturmöglichkeiten gab es kaum. Ein undeutliches Zeichen konnte die
Bedeutung eines Wortes ändern. Der nächste Schreiber, der eine Kopie davon
anfertigen musste, las dann vielleicht ein ihm vollkommen unbekanntes oder
unkenntliches Wort. Kopien von Kopien konnten so im Laufe der Zeit sehr weit
voneinander abweichen. War das Wort fehlerhaft, musste der jeweilige Schreiber
sich bemühen die richtige Bedeutung herauszufinden oder ein ähnliches Wort
finden. Eine Sprache ist aber immer etwas Lebendiges. Möchte sie überleben,
muss sie anpassungsfähig und veränderbar sein. Im Laufe der Jahre können sich
so die Bedeutungen verschiedener Wörter ändern. Ein einfaches Beispiel: Zu
Römerzeiten wurde ein Beiname, quasi so etwas wie ein Spitzname, vergeben, der
sich über die Jahrhunderte zu einem Wort für eine beinahe uneingeschränkte
Macht entwickeln sollte - aus Caesar wurde der Kaiser.
Lange Rede, kurzer
Sinn. Nicht immer waren die Schreiber perfekt in ihrer Arbeit. Fehler wurden
gemacht, Inhalte abgeändert und neue Bedeutungen geschaffen.
Helmold von Bosau
bezog sich in seiner Chronik über die Slaven auf Adam von Bremen. Der erste
Teil seiner Chronik beruht fast ausschließlich auf diesem Werk. Anschließend
übernahm er mündliche Berichte und eigene Erlebnisse. Helmold gilt in der
Geschichtsforschung als sehr gewissenhafter Schreiber. Nichts desto trotz war
auch er nicht unfehlbar. Betrachten wir sein Werk also als wichtigen Teil
unserer Geschichtsschreibung und nicht, um irgendwelche Vorurteile oder Überhöhungen
der heutigen Zeit zu machen.
Wir erfahren vieles
über die Gliederung und Namen der slavischen Stämme. Doch auch von deutschen
Kaisern und Geistlichen ist zu hören. Sogar ein kurzer Bericht zu Thietmar von
Merseburg ist zu finden. Schlachten, Hinterhalte, Verfolgung, Kriege mit Slaven
und Kriege mit Nordmännern, seine Chronik würde den Stoff für ein epochales
Filmwerk bieten.
Quelle:
Helmold von Bosau:
Chronik der Slaven.
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