Der
letzte Blog stellte eine Kurzübersicht über die Visitationen im Hochstift
Merseburg dar. Nun soll es konkreter werden. Es wurden Behauptungen
aufgestellt, die natürlich im Laufe der Artikel noch belegt werden.
Die
Stadt, das Hochstift und das Bistum Merseburg standen bereits überwiegend im
Mittelpunkt. Deswegen wird es Zeit den Blick über einige der Dörfer schweifen
zu lassen. Zwei Jahrgänge der Visitationsprotolle liegen uns für das
Merseburger Hochstift vor. Die Protokolle von 1562 sind überwiegend
Inventarlisten über Einkünfte der Kirchen, deren Besitz und den Zustand des
Kirchgebäudes. Zuweilen liest man auch etwas über den Lehnsherrn vor Ort oder
über Missstände in den Dörfern. Im Jahr 1578 wird es dann schon konkreter, da
man sehr viel deutlicher die „Gebrechen“ genannt hatte. In diesem Jahr fanden
sogar zwei Visitationen relativ kurz hintereinander statt, so dass es also
insgesamt
3 Besuche gab. Dabei ist der Gesamtumfang der Quellen dennoch
geringer, als bei der Visitation von 1562. Vergleichen wir also diese drei
Visitationen von einigen der Orte.
Pissen,
mit den eingepfarrten Orten Rodden, Günthersdorf, Kleinlehna und der
Filialkirche in Thalschütz.
Im
Jahr 1562 hatte der Pfarrer Johannes Reumann gleich mehrere Beschwerden
vorzubringen:
„Erstlichen
habe ich khein schweinstall“, zudem fehlte ihm ein Stall bzw. Schuppen für die
Aufbewahrung von Stroh. Auch verweigerte man ihm eine gewisse Zahlung an Brot,
die er vorher stets erhalten hatte. Es ging sogar noch weiter, denn die
Verweigerer, Zitat: „entspieten mir ein theil schmeliche wort“ - Frei übersetzt
heißt es, dass sie den Pfarrer schwer beleidigten.
11.
Februar 1578
Es
schien aber noch mehr im Argen zu liegen, wie man den Protokollen von 1578 entnehmen
kann. Zumindest bleibt die Möglichkeit, Rückschlüsse aus den Beanstandungen der
Visitatoren zu ziehen.
Soweit
schien der Pfarrer - es war immer noch Johannes Reumann - seine Pflichten
ordentlich zu erfüllen. Er hielt sich an die Sonntagspredigten „wie in der
vorigen visitation vorordenet.“ So drehen sich die ersten fünf Punkte um seine
Art der Predigten und er schien seine Sache gut zu machen.
„6.
Die von Rodem komen vleissig in die kirchen, aber die von Gunttersdorf und
Cleine Leina komen selten.“ Wie muss man diese Aussage verstehen? Waren die
Menschen aus Günthersdorf und Kleinlehna also Müßiggänger? Vielleicht war es
einfach nur der Distanz geschuldet, dass die Leute aus den beiden Orten weniger
zur Kirche kamen. So liegt Rodden mit keinen zwei Kilometern Abstand deutlich
näher als Günthersdorf. Auch wenn es für uns heutzutage keine großen Distanzen
sind, müssen wir immer an die schwierigen Wege- und Straßenverhältnisse von
damals denken. Denn gut ausgebaute Strecken waren dürftig zu finden. Sicherlich
taten die Jahreszeiten und Witterungsverhältnisse ihr Übriges.
Der
Pfarrer kümmerte sich gut um die Kranken und so lesen sich die Worte der
Visitatoren als Lob für ihn. Zudem hält er Leichenpredigten, sofern es bei
einem Begräbnis gewünscht wurde. Bei den Hochzeitspredigten gab es allerdings
Probleme. Die Menschen kamen nur verspätet an, waren betrunken und laut. Zumindest wurde Johannes dazu angehalten, die
Trunkenheit und das Zuspätkommen abzuschaffen. „Von zaubern weis der pfarher
nicht“, aber das nachfolgende „Gebrechen“ lässt sich mit den Worten der
Visitatoren kurz und bündig zusammenfassen: „vil gottslestere“. Was also wollte
der Pfarrer dagegen unternehmen? Immerhin blieb ihm die Möglichkeit Strafen
anzudrohen und diese auch mit Hilfe der Obrigkeit durchzusetzen. Stattdessen
aber wollte er lediglich stets ermahnen die Kirche zu besuchen. Von den Leuten
der eingepfarrten Orte erhielt er viel Lob. Seine Predigten, die Krankenbesuche
sowie seine „sanftmut“ stießen durchweg auf Akzeptanz.
Am
16. September 1578 war es dann wieder soweit. „Des orths ist keine Schule“, die
eingepfarrten Orte sicherten aber zu, dass ein Schulgebäude errichtet werden
sollte. Feststand auch, dass dieses halbe Jahr seit dem letzten Besuch nicht
reichte, die Menschen mehr die Kirche besuchen zu lassen. Ebenso hatte er es
nicht geschafft Trunkenheit, Zuspätkommen und Geschrei während den
Hochzeitspredigten abzuschaffen. An den Sonntagen gab es auch weiterhin Pferd-
und Handarbeit. Gotteslästerung wurde weiterhin betrieben. Aber mal ganz
ehrlich, ein halbes Jahr konnte unmöglich ausreichend sein, um die Gewohnheiten
der Menschen vor Ort zu ändern.
So
zwiespältig einige der Aussagen wirkten, wurde eines jedoch deutlich: Die
Menschen mochten ihren Pfarrer und vertrauten ihm.
Quelle:
Friedensburg:
Die Protokolle der Kirchenvisitationen im Stift Merseburg von 1562 und 1578.
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