Die
Verstaatlichung der ehemaligen Maschinenfabrik Grohe war noch lange nicht das
Ende der wechselvollen Geschichte des Denkmalhofes in Merseburg. Das Gelände
war ideal geeignet auch weiterhin zu produzieren. Immerhin war das Gelände noch
weitestgehend intakt. Es gab nur ein paar vereinzelte Bombenschäden, so an den
Dächern und dem Mauerputz.
Die
Verhältnisse der Nachkriegszeit waren sehr unübersichtlich. Am 1. Oktober 1946
wurde ein landeseigener Betrieb aus der ehemaligen Maschinenfabrik. Der eigentliche
Tag der Enteignung war allerdings erst der 15. September 1948. Zwischen 1947
und 1951 lag die Verantwortlichkeit bei dem Leipziger Sitz „Verwaltung
Volkseigener Betriebe“.
Mit
einem Beschluss vom 31.Dezember 1954, wurde der staatliche Nachfolgebetrieb
„VEB Bau- und Gießereimaschinen Merseburg“ aufgelöst. Die Produkte fanden kaum
noch Absatz, zumal die Fabrikanlagen viel zu klein waren um mit den größeren
Staatsbetrieben der DDR gleichziehen zu können. Im Jahr 1955 übernahm
stattdessen die „VEB Maschinenfabrik Halle“ einen Teil des Grundstückes und der
Gebäude in seine Rechtsträgerschaft. Selbst jetzt noch, 10 Jahre nach dem Krieg
waren die Zuständigkeiten anscheinend noch immer nicht richtig geklärt, denn
für den Übergang nach Halle existieren mehrere Daten.
Vorläufig
kam erst einmal wieder neues Leben in das alte Gebäude. Neue Projektbüros und
Lagerräume entstanden. Doch nichts hält ewig. Oder besser gesagt: Niemand
wollte oder konnte so recht aus dem Grundstück einen gut gehenden Betrieb
erschaffen. 1957 war es dann mal wieder so weit. Ein neuer „Besitzer“ ward
gefunden. Dieses Mal übte die Rechtsträgerschaft das „Institut der Chemie- und
Kälteausrüstung Dresden“ aus. Die Kosten für einen zusätzlichen Umbau hielten
sich in Grenzen, rund 40.000 Mark waren notwendig. Im Jahr 1965 wurde dann das
erste „Versuchshaus“ in Betrieb genommen. Es sollten besonders kälterobuste
Maschinen und Teile getestet werden, damit diese in den kalten Regionen, wie
z.B. in Sibirien zum Einsatz kommen konnten.
Abseits
der offiziellen Daten und Aufzeichnungen gibt es viele Geschichten rund um den
Denkmalhof. Ein ehemaliger Bewohner der Villa hat noch einige
Kindheitserinnerungen. Das ehemalige Herrschaftsgebäude diente bereits seit den
1940er Jahren den Arbeitern als Wohnung. Er erinnert sich, dass das Gelände
immer gut bewacht wurde. Niemand kam so einfach am Pförtner vorbei. Eigentlich.
Der Vater arbeitete in einer der Fabrikhallen, so dass er den Pförtner
persönlich kannte. Nach Feierabend an heißen Sommertagen ließ dieser den Sohn
seines Kollegen passieren. Der Grund war das Kühlbecken im Hof, denn es war so
etwas wie der eigene kleine Swimming Pool. Taschengeld konnte man sich als
Jugendlicher auf dem Gelände dazuverdienen, Tonnen von Kohle wartete darauf
verheizt zu werden. Östlich der Villa befand sich ein kleines Kartoffelfeld der
Bewohner, welches später einem Volleyballplatz weichen musste. Der noch heute
erhaltene Goethepark war damals ebenfalls bereits öffentlich zugänglich. Einer
der Arbeiter vor Ort rauchte jeden Morgen auf einem Baumstumpf seine Pfeife.
Ein Glück, dass nie etwas schwerwiegendes passiert war, denn direkt neben
seinem Stammplatz lauerte noch eine „Überraschung“ aus Kriegszeiten. Zum Glück
konnte man diese nach der Entdeckung entschärfen.
Quellen:
Landeshauptarchiv
Sachsen-Anhalt, Abteilung Merseburg. I 548, II
Landeshauptarchiv
Sachsen-Anhalt, Abteilung Merseburg. I 560
Erinnerung
eines ehemaligen Villa-Bewohners