Die Pflege der Kranken und Schwachen war und ist seit
jeher ein kontroverses Thema. Ob Behandlungsmethoden oder Medizin, schon seit
der Antike wurden ganze Lehrwerke über diese Gebiete verfasst. Die Menschheit
forscht bereits seit tausenden von Jahren, trotzdem geben noch immer viele
Krankheitsbilder Rätsel auf. Nun ist der Mensch kein einfaches Gebilde, bei dem
im Schadensfall einfach die Ersatzteile gewechselt werden können. Medikamente
helfen uns bei der Genesung, sie sind allerdings nicht immer alles, was für
eine vollständige Gesundung benötigt wird. Hier tritt die Krankenpflege in
Erscheinung. In der Vergangenheit zumeist von der Familie durchgeführt, fand
seit dem 19. Jahrhundert eine zunehmende Professionalisierung statt.
Klöster, Orden und Stifter hatten sich meist der
Versorgung der Mittellosen und der Hilfesuchenden verschrieben. Diese
Institutionen entstanden wiederrum auf Geheiß und Finanzierung von denjenigen,
die die finanziellen Mittel für so etwas hatten, den Adligen. Dabei ging es
nicht immer um Nächstenliebe, sondern vielmehr um das eigene Seelenheil, aber
dies ist eine andere Geschichte. In Merseburg existierte neben dem Sixtikloster
und dem Peterskloster noch das Hospital St. Barbara. Die Hospitäler des
Mittelalters dürfen nicht mit den Krankenhäusern unserer Zeit verwechselt
werden, denn die Höhe der Fürsorge richtete sich zumeist nach der Höhe des
Geldbeutels. Irgendwie mussten sich die Hospitäler schließlich finanzieren.
Machen wir einen Zeitsprung nach vorn in Richtung
Moderne. Wir befinden uns nun in der Zeit der Weimarer Republik. Der Erste
Weltkrieg ist vorüber, die Republik erlebte Krisen, aber auch eine goldene
Zeit. Wissenschaft und Technik schritten immer schneller voran. Im Bereich der
Medizin wurde zunehmend erkannt, welch wichtige Rolle der Pflege bei der
Krankheitsbehandlung zukam. Grundsätze,
die heutzutage eigentlich zu den Standartanforderungen des Berufes
gehören, wurden festgeschrieben:
"Wer sich der Krankenpflege nur aus dem Grunde
zuwendet, einen Beruf und den Lebensunterhalt zu gewinnen, dem fehlt die
notwendige innerliche Bereitschaft. Wer glaubt, in der Krankenpflege einen
besonders "interessanten" Beruf zu wählen, der verkennt, daß der Dienst am Kranken vor
allen Dingen Arbeit bedeutet, zu der oft große Überwindung gehört. Nur der
Wunsch und Wille, den Kranken zu helfen, sich in ihre Welt einzufügen, nur ein
hohes sittliches Pflichtbewußtsein werden die Pflegeperson über alle
Schwierigkeiten hinwegführen und ihr schließlich auch die Befriedigung und
Freude zu gewähren, die zur Erfüllung ihres Berufes und Lebens notwendig
sind."
So leitet Dr. Ostermann das Pflegekapitel in seinem
Krankenpflegelehrbuch in den 1920er Jahren ein. Ganz so einfach und idealisiert
kann man den Beruf natürlich nicht darstellen. Dankbarkeit nährt die Seele, nicht aber den Magen. Nichtsdestotrotz
sind die Aufgaben von damals noch mit denen von heute identisch. An erster
Stelle stand das Wohl des Kranken. Und die Verantwortung war ebenfalls
gegeben, denn die Verabreichung von
Medizin gehörte ebenfalls zu ihren Aufgaben. Dabei warnte Dr. Ostermann vor dem
Gebrauch und dem Missbrauch stark wirkender Mittel, wie Morphium und Kokain.
Die Sucht lockte, wenn die Einnahme dieser Mittel zur Gewohnheit wurde.
Entspannung war schon damals die beste Medizin. Übrigens wurden Menschen, die
körperliche oder geistige Beschwerden hatten, empfohlen, den Beruf des Pflegers nicht zu ergreifen.
Moderne Arbeitshilfen und ein gut abgestimmtes Team, ermöglichen eine
erhebliche Arbeitserleichterung, sofern beides vorhanden ist. Unser
Pflegesystem lässt einem leider oft keine Entscheidungsfreiheit und schränkt
eine optimale Pflege ein. Zudem soll die Krankenpflegerin "ein Pionier der
Hygiene sein".
Großen Wert wurde auf die Psyche des Kranken gelegt.
Charaktere und Launen fallen von Mensch zu Mensch anders aus. Eine Krankheit
kann auf das Gemüt drücken. Eine Krankheit kann die gesamte Psyche wandeln.
Bestimmtheit, nicht Schroffheit, sollte die Pfleger ans Ziel führen.
Theoretisch eine recht einfache Verhaltensweise, sollte man meinen. Sicherlich
war und ist es noch heute genauso schwer wie der andere Ratschlag von Dr.
Ostermann: Der Vertrauensgewinn.
"Der Kranke lebt in seiner Krankheit." In
diesen Worten steckt bis zum heutigen Tag viel Wahrheit. Nur durch Vertrauen
öffnen sich die Betroffenen und berichten, an was ihnen fehlt. Doch wie erlangt
man das Vertrauen? Es ist einfach und schwierig zugleich. Zuhören und auf die
Bedürfnisse des zu Pflegenden eingehen. Freundlich, aber bestimmt, reagieren.
Kompetent und zielsicher handeln. Manchmal muss man sich auch einfach nur
verstehen. Und was ist, wenn der Bedürftige die Pflegekraft so gut leiden kann,
dass es Geschenke gibt?
Die Verantwortung ist riesig und oft hat man das
Gefühl diese allein tragen zu müssen. Welchen Rat gibt man also einer neuen
Pflegekraft mit auf den Weg? Vielleicht das man sich, wie bei allen Dingen,
nicht entmutigen lassen darf. Ein guter Chef wird immer unterstützend und zum
Wohl seines Personals und seiner Schützlinge wirken. Dennoch gilt, dass keiner
von uns fehlerfrei ist. Man darf nie vergessen, dass sich am Ende immer alles
um den Menschen dreht.
Quellen:
Dr. Ostermann:
Krankenpflegelehrbuch. Berlin, 1928.
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