Folgt
man der B 181 von Merseburg nach Leipzig, liegt kurz nach Verlassen der
Domstadt und etwas abseits der Bundesstraße ein kleines Dorf. So unmittelbar an
der Hauptkirche des ehemaligen Bistums gelegen, gehörte es noch im 16. Jahrhundert
zum Küchenamt von Merseburg. Gemeint ist damit, dass dieses kleine Dorf, ebenso
wie viele andere, für die Versorgung des Domes und des Schlosses verantwortlich
war. Seit der Ersterwähnung im 12. Jahrhundert kannte man es unter dem Namen
Kriegstedt. Nach dem Zweiten Weltkrieg benannte man den Ort jedoch in den heute
bekannten Namen „Friedensdorf“ um.
Der
Pfarrer des Jahres 1562 hieß Blasius Weiser Weidensis. Interessant ist, dass
der Pfarrer gleich zwei Orte gleichen Namens betreut hatte, Ober- und
Niederkriegstedt. Beide zusammengehörenden Dörfer bestanden aus insgesamt 24
Wohnhäusern. Schadendorf mit 13 Häusern, aber ohne das Rittergut, 3 Häuser in
Kleingräfendorf und 17 Häuser in Kleinlauchstädt zählten ebenfalls dazu. Der
Besitz der Pfarre war nicht sonderlich groß und teilte sich zwischen den
Grundstücken in Kriegstedt und Schadendorf auf. Für seine Predigten nutzte er
wahrscheinlich nur 3 von 4 Kirchen. Die in Niederkriegstedt war wüst geworden,
also unbenutzt und von schlechten baulichen Zustand, Kleingräfendorf besaß keine.
Im
Jahr 1578, also zur nächsten Visitation, gab es einen neuen Pfarrer mit Namen
Moyses Cario. Während 16 Jahre zuvor mehr Aufmerksamkeit auf die
wirtschaftlichen Aspekte gelegt wurde, stehen nun wieder die „Gebrechen“ im
Vordergrund. Doch konnten diese kleinen Dörfer tatsächlich solche großen Makel
haben? Fangen wir zunächst mit dem Positiven an: Der Küster betreute eine
kleine Schulklasse von 15 Jungen, für die Mädchen existierte dahingegen kein
Angebot, was allerdings auch nicht unüblich war.
Eines
der größten Probleme, welches die Visitatoren oft erwähnt hatten, war die
sogenannte „schwelgerei“. Dabei
handelte es sich wahrscheinlich einfach nur um ein zusammenfassendes Wort
vieler Verfehlungen. Zügellosigkeit, Besäufnisse, Völlerei... Was genau gemeint
war, können wir im Einzelnen leider nicht mehr nachverfolgen. Hinzu kam der „unfleis“, also der fehlende Wille der
Dorfbewohner in die Kirche zu gehen. Ein weitaus größeres Problem stellte
dagegen der Edelmann Nickel Sack dar, zumindest wenn man den Ausführungen des
Pfarrers vollen Glauben schenken darf. Dieser kaufte den Bauern ihre
Grundstücke ab, ließ die erworbenen Güter aber nicht wieder besetzen. Sie
wurden wüst und brachten der Pfarre somit kein Einkommen.
Die
Kirche zu Niederkriegstedt bekam dagegen eine neue Funktion. Ein gewisser
Christoff Hanfstengel hat sich diese (widerrechtlich?) angeeignet und in ein
Lagerhaus umgewandelt. Selbst das Örtchen Schadendorf wurde seinem Namen
gerecht, denn die dortigen Bauern verwüsteten mit voller Absicht das Getreide
des Pfarrers. Die näheren Umstände kennen wir nicht, also ob es im Vorfeld
bereits Konflikte gab und sich diese hochschaukelten. Vielleicht taten sie es
auch unabsichtlich, z.B. im Suff. Heute würden wir von verminderter
Schuldfähigkeit in solch einem Fall reden. Und was war mit Kleingräfendorf, dem
kleinsten der eingepfarrten Orte? In diesem Dorf gehörten Weidenbäume zum Besitz
der Pfarre, welche jedoch 3 der dortigen Bauern für eigenen Zwecke einfach nutzten.
Gehen wir davon aus, dass es hier noch immer nicht mehr als 3 Bauernhäuser gab,
so lehnte sich quasi ein ganzes Dorf gegen den Pfarrer auf.
Man
hatte es als Pfarrer nicht immer einfach, zumal auch die Schuldner anscheinend
nur selten daran dachten, ihre Schulden zu begleichen. Selbst die Adligen vor
Ort waren selten daran interessiert die Pfarrer zu unterstützen. Vielleicht
galt aber einfach nur damals der gleiche Grundsatz, wie er heute noch gilt: Mit
den Menschen, mit denen man auf einer Wellenlänge liegt, hilft man lieber.
Quelle:
Friedensburg:
Die Protokolle der Kirchenvisitationen im Stift Merseburg von 1562 und 1578.
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