Montag, 8. Dezember 2014

89. Beitrag - Der Mönchsgang von Kötzschau

Als Kirchenort war Kötzschau nie sehr berühmt. Selbst wenn man einer Fehlinterpretation folgt und die Kötzschauer Kirche bereits um das Jahr 1000 datiert, so war sie dennoch nie wirklich berühmt. Das Kirchgebäude jedoch wird von einem Mythos umgeben, an dem vor allem die älteren Einwohner festhalten. Die Rede ist von einem unterirdischen Gang, welcher angeblich von Mönchen angelegt worden war. Kurz zur Ausgangsituation: An das Kirchgebäude grenzt im Osten der Friedhof. In Richtung Westen kommt zunächst das ehemalige Pfarrgebäude, gefolgt von einigen bewohnten Grundstücken und schließlich das noch heute unter diesem Namen bekannte Mönchsgut. In früheren Zeiten, also noch vor der Reformation sollen einige Mönche hier gelebt und eine kleine Gemeinschaft gebildet haben. Als ich begann mich mehr für die Geschichte meines Heimatortes zu interessieren, schnappte ich auch einige verschiedene Sagen, Gerüchte und Legenden auf. Eine dieser Erzählungen besagte, dass ein unterirdischer Gang noch heute existiert. Dieser beginnt angeblich in der Kirche, führt weiter zum Mönchsgut und hat hier sogar einen eigenen Zugang, während sich der Ausgang im ehemaligen Gasthof auf dem Dorfplatz in Kötzschau befindet. Wieso aber endet der Weg ausgerechnet in einem Gasthof?

Die einzige Antwort, die mir die Leute auf diese Frage geben konnten war, dass die Mönche ungesehen und heimlich saufen konnten. Im ersten Moment klingt es ganz logisch, doch denken wir diesen Gedanken einmal zu Ende. Der Tunnel musste noch vor der Reformation angelegt worden sein, da die Überlieferungen seit dem 16. Jahrhundert rapide anstiegen und niemand je ein Wort über den Tunnel verloren hat. Andererseits müsste dieses Gerücht bereits seit über 500 Jahren im Umlauf sein. Warum also findet sich nirgends eine Aufzeichnung darüber?

Und warum sollten die Mönche heimlich zum Saufen gehen. Immerhin oblag den Mönchen das Braurecht und Bier gehörte nun einmal zu den Grundnahrungsmitteln. Die Sage über den Tunnel hat mich an eine andere Legende erinnert, nämlich die der Maultasche. Angeblich wurde während der Fastenzeit ein großer und saftiger Schinken vor die Tore des Klosters Maulbronn auf dem heutigen Gebiet des Bundeslandes Baden-Württemberg abgelegt. Einerseits durften die Mönche diesen nicht essen, andererseits wollten sie das gute Stück nicht einfach verkommen lassen. Hin- und hergerissen kam ihnen schließlich die rettende Idee: Die Mönche zerkleinerten das Fleisch und schlossen es in Teig ein. Die Maul(-bronn)tasche war geboren. Gott sollte nicht sehen, wie die Mönche während der Fastenzeit offen Fleisch verspeisten, in der Tasche war es gut versteckt. Ähnlich verhält es sich mit der Kötzschauer Tunnelsage, denn Gott sollte nicht sehen, wie sich die Mönche zum Saufen begaben.

Oder war es einfach viel Lärm um Nichts? Solch einen Tunnel, welchen man vor der Reformation aufgab, konnte schwerlich Jahrhunderte unversehrt bestehen bleiben. Vielleicht waren es auch Luthers Anhänger, die diese Gerüchte in die Welt setzten, um die Anhänger des in ihren Augen alten Glaubens zu diffamieren. Mit Sicherheit können wir nur sagen, dass wir keine sicheren Erkenntnisse haben. Oder doch? Als ich in der Heimatstube, dem kleinen Dorfmuseum in Kötzschau, aushalf, trat ein Mann an mich heran und erzählte mir eine scheinbar unglaubliche Geschichte. Er wollte den Gang entdeckt habe. Er erzählte, als er mit seinen Eltern in seiner Kindheit neu nach Kötzschau gezogen war, es eine Art Konkurrenzkampf gab. Gerade entstand in der Nähe des Bahnhofs die Neubausiedlung. Die Kinder der alteingesessenen Familien und die der neuen Bewohner spielten sich gegenseitig Streiche. Es ging soweit, dass sie die Kühe der Bauern aufschreckten und Chaos auf den Weiden verursachten. Eines Tages erwischte ein Bauer sie dabei und jagte sie durchs Dorf. Da es bereits dämmerte, dachten die Kinder, dass sie sich gut auf dem Friedhof verstecken konnten. Da der Bauer ihnen eine Lektion erteilen wollte, dauerte die Verfolgung an. Gerade als die Kinder bei der Kirche in Deckung gingen, brach unter ihren Füßen der Boden zusammen. Sie waren verwundert, denn sie fielen nicht sehr tief und befanden sich in einer Art Tunnel oder Keller. Gemälde und alte Möbelstücke stapelten sich hier. Als sie davon erzählten, wollte niemand ihnen Glauben schenken, da der Raum am nächsten Morgen verschwunden war.

Ein Augenzeuge als Beweis? Wohl kaum, denn auf diese Art verbreiten sich Gerüchte und Sagen entstehen. Ob seiner Geschichte ein wahrer Kern zu Grunde liegt, lässt sich nur sehr schwer herausfinden. Ein möglicher Beweis wäre der unterirdische Gang samt Inhalt.    

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