Donnerstag, 13. November 2014

86. Beitrag - Woher stamme ich? - Rabatz, Raub und Rabe

Unsere Sprache ist reich und vielfältig. Kein Wunder, denn sie bedient sich vieler Wörter, die ihre Wurzeln oftmals in ganz anderen Ländern und Zeiten haben. So manches Worts allerdings wandert auch über unsere Grenzen hinaus in die Ferne und kehrt dann wieder mit einer neuen Bedeutung und einer neuen Funktion zurück. Erinnern Sie sich zurück an die Fußball WM. So gut wie überall gab es
public viewing. Die Briten bezeichnen mit diesen beiden Worten eigentliche öffentliche Ausstellungen, manchmal auch eine öffentliche Leichenschau. Bei uns heißt es einfach, dass eine große Gruppe an einem öffentlichen Ort gemeinsam das Fernsehprogramm sieht. Solche Bedeutungswandlungen von Wörtern kennen wir natürlich auch.

Draußen ist es laut, vielleicht schreit oder schimpft eine kleine Gruppe. Vielleicht hat einfach nur mal wieder seine Bassboxen aufgedreht. Oder kurz: Es ist Rabatz. Wussten Sie, dass wir dieses Wort, was so viel bedeuten kann wie kleiner Aufstand, Getöse oder Gepolter der polnischen Sprache zu verdanken haben? Zunächst ein kleiner Exkurs in die allgemeine europäische Geschichte. Nach dem Wiener Kongress von 1815 wurde Polen zwischen dem Königreich Preußen, dem Zarenreich Russland und der Habsburgermonarchie aufgeteilt. Als es dann zu Beginn der 1830er Jahre zu revolutionären Bewegungen in Deutschland und Italien kam, schlossen sich diesen Bewegungen viele im Exil lebende Polen an, immer in der Hoffnung, dass auch sie ihren verlorenen Staat wiederbekämen. 1846 kam es dann zu einem tatsächlichen Aufstand auf dem österreichischem Gebiet. Den Revolutionären standen bäuerliche Verbände entgegen und die Bauern behielten die Oberhand. Viele töteten ihre ehemaligen Gutsherren und weil die österreichischen Behörden Angst bekamen, dass die Unruhen sich ausbreiteten, gingen sie anschließend militärisch gegen die Bauern vor. Für die Beschreibung dieses Zustandes bildete sich ein neuer Begriff. Die polnische Sprache bediente sich des deutschen Wortes Raub und wandelte es zu Rabacja um. Anschließend erfolgte im Deutschen eine Verballhornung dieses Wortes zu unserem Rabatz.

Die Grundlage war also bereits unser Wörtchen Raub. Damit wird eine gewaltsame Wegnahme beschrieben. Bereits im Althochdeutschen im 8. Jahrhundert kannte man dieses Wort als roub. Doch nicht nur in unseren Landen waren Abwandlungen des Raubes im Umlauf. Im Altsächsischen, Mittelhochdeutschen, Mittelniederländischen, Altenglischen und im Lateinischen gab es einige Variationen dieses Wortes. Die Bedeutungen von Raub und rauben waren ebenso zahlreich. Darunter zählten:
(zer-)reißen, brechen, (Kriegs-)Beute, Plünderung und mit Gewalt nehmen. Manch eine Bedeutung hat sich bis heute nicht verändert. So wandelbar eine Sprache auch sein kann, manches bleibt stets gleich, überwindet aber auch Grenzen.

Und wo wir schon beim Thema sind: Wer hat für viel Rabatz mit seinem Raub gesorgt? Natürlich der Merseburger Rabe! Die Entstehung seines Namens hat der Vogel seinen eigenen Lauten zu verdanken. Im Althochdeutschen war es hraban und ähnlich wie in anderen europäischen Sprachen gab und gibt es raven (englisch), hrafn (altnordisch), ravn (dänisch) oder rave (mittelniederdeutsch). Aus dem Griechischen kennen wir den korax, aus dem Lateinischen den corvus. Aus letzteren entwickelte sich dann auch die Bezeichnung Krähe. Gerade in der christlichen Wahrnehmung, kam ein Rabe nie gut weg. Es waren Vögel des Unheils und alles erdenklich böse lastete man ihnen an.

Quellen:

Etymologisches Wörterbuch des Deutschen.

Jürgen Heyde: Geschichte Polens.

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