Sonntag, 2. November 2014

84. Beitrag - Der kleine Katechismus - Einführung

Eines meiner großen Hauptthemen sind noch immer die Visitationen, die im Merseburger Land stattfanden. Liest man die Berichte aufmerksam, so sind die wichtigen Dinge nicht nur die Beschwerlichkeiten oder die Steuereinnahmen eines Ortes, sondern vor allem die Bibliothek des jeweiligen Pfarrers. Natürlich waren es keine Bibliotheken im heutigen Sinn mit hunderten von Büchern, immerhin sprechen wir vom 16. Jahrhundert. Die meisten Ortsbibliotheken bestanden aus nicht mehr als 2 oder gar 3 Büchern! Die Bibel, manchmal geteilt in zwei Bände für das Alte und das Neue Testament war ohne Zweifel das wichtigste Werk. Zudem besaßen viele Pfarrer bereits Luthers Bibelversion, denn seine Übersetzung sollte den Gläubigen näher gebracht werden und nicht wie bisher, unverständliches Latein. Zunehmend gewann allerdings ein anderes Buch noch viel mehr an Bedeutung, nämlich Luthers kleiner Katechismus. Es war eine Sache, den Gläubigen die heilige Schrift näherzubringen, eine ganz andere aber diese gut zu erklären.

Wir befinden uns im 16. Jahrhundert in einer Zeit, in der zwar die allgemeine Bildung zugenommen hat, jedoch von unserem jetzigen Stand noch sehr weit entfernt war. Selbst einfachste Worte, zumindest wenn man von unserem Standpunkt ausgeht, waren damals nicht allen Menschen gebräuchlich und viele dieser Wörter ließen einen breiten Raum für Diskussionen und Spekulationen. Genau dieser Problematik war Luther sich bewusst, weshalb er den Pfarrern ein kleines Hilfsbüchlein zur Verfügung stellte. Aus seiner eigenen Erfahrung als Visitator wusste er, wie schlecht es um den Glauben in seiner Umgebung bestellt war, vor allem über die Unkenntnis der Dorfbewohner in der Glaubenslehre. Durch den Buchdruck mit beweglichen Lettern, der sich seit seiner Erfindung im 15. Jahrhundert durch Gutenberg immer weiter ausbreitete, verhalf nicht nur der Reformation von Martin Luther zum Erfolg, sondern diente ihm darüber hinaus. Papier war zwar noch immer teuer, allerdings viel günstiger und mit weniger Aufwand zu produzieren, als Pergament.

In der Vorrede prangert Luther die Bischöfe an, welche die grundlegendsten Glaubensfragen der einfachen Bevölkerung weitestgehend ignorierten. Diese hatten vor Ort größere Autorität als der Papst im fernen Rom und waren zugleich die Aufseher über eine große Gemeinde sowie ein weltlicher Herrschaftsträger. Immer mehr Positionen und Machtbereiche machten die geistlichen hirten so für sich geltend und nicht selten nutzten sie ihre Position aus, um die eigene Familie und Freunde zu bereichern. Damit sollte nun Schluss sein, denn auch Luther sah sie nur als Aufseher der Pfarrer, welcher mit ihnen gleichgestellt war.

Seine Kritik reichte noch weiter. Viele Visitatoren schreiben in ihren Berichten von unwissenden Pfarrern, die sie vor Ort vorfanden. Manche waren nicht der lateinischen Sprache mächtig, sondern interpretierten die Bibel frei heraus, nach eigenem Gutdünken. Andere Pfarrer konnten zwar sehr gut lesen und schreiben, manche von ihnen fanden jedoch zu großen Gefallen an den Worten und der Sprache. Luther mahnte an, dass die einzelnen Predigten sich kaum voneinander unterscheiden sollten. Die Sprache sollte einfach gehalten und auf das Wesentliche konzentriert sein. Der Inhalt jede Predigt gleich, so dass sich bei dem Pfarrer keine Fehler einschleichen und die Dorfbevölkerung seinen Worten besser folgen konnten. Somit empfahl Luther also eine Standardisierung einerseits, ließ den Pfarrern andererseits aber die Wahl, welchen Text sie selbst für die beste Predigt hielten, da nur sie ihre christliche Herde kannten.

Quelle:

Martin Luther: Der kleine Katechismus.  

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen