Sonntag, 15. Februar 2015

97. Beitrag - Die Visitation von Keuschberg

Bad Dürrenberg ist bekannt für Europas größtes zusammenhängendes Gradierwerk. Einst wurde hier Sole gefördert und Salz gesotten. Die Verleihung des Stadtrechtes erfolgte in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts. Vorher gab es nur viele kleine Orte, die von der dortigen Saline profitierten. Von einer gemeinsamen Verwaltung konnte im 16. Jahrhundert also noch keine Rede sein, oder doch? Die vormals bedeutsamsten Ort der heutigen Stadt waren Teuditz und Keuschberg. Der Ort Teuditz, welcher in den 1930er Jahren eingemeindet wurde, ist heute fast gänzlich in Vergessenheit geraten. Bei Keuschberg sieht es nicht so viel besser aus, früher eigenständig, heute der älteste Stadtteil.

Keuschberg war, zumindest verhältnismäßig, eine riesige Kirchengemeinschaft und der evangelische Pfarrer Bartholomäus Erbe, aus Lauchstädt stammend, hatte sicherlich die Hände voller Arbeit. In Keuschberg gab es 18 Wohnhäuser, die Mühle nicht mitgezählt. Weiter gehörten dazu Balditz (12 Wohnhäuser), Porbitz (11 Wohnhäuser) und Lennewitz (14 Wohnhäuser). Das klingt vielleicht noch gar nicht so riesig, jedoch befand sich in Keuschberg die Mutterkirche und ihre Tochterkirchen erstreckten sich über ein nicht unerhebliches Gebiet. Wölkau (17 Wohnhäuser), Ostrau (12 Wohnhäuser und ein Rittergut), Groß- und Kleingoddula (15 Wohnhäuser),  Rampitz (11 Wohnhäuser), Schlechtewitz (15 Wohnhäuser), Oebles (5 Wohnhäuser) und Nempitz (12 Wohnhäuser) gehörten ebenso dazu.

Das Pfarrvermögen war nicht riesig, sicherlich aber mehr als ausreichend. Bartholomäus konnte sich 4 Kühe und 25 bis 30 Schafe halten. Zudem existierten noch einige Lehnverhältnisse, welche ebenfalls wieder ein Einkommen bescherten. Die Kirche selbst war reichhaltig ausgestattet mit Büchern, Kelchen und anderen Instrumenten für die Messe. Weiterhin zählten Braupfannen zur Herstellung von Bier und sogar ein sogenanntes schlagendes Zeigerwerk, einfach ausgedrückt, ein Kirchturm mit Uhr und Glocke. So gut die Kirche instand gehalten wurde, desto dürftiger sah die Pfarre aus. Die Visitatoren trugen deshalb allen der Pfarre zugehörigen Menschen auf, dass diese sich um die Reparatur zu kümmern hatten. Der Pfarrer hatte aber noch weitere Probleme, den bisher kümmerte sich der Altranstädter Pfarrer um die dortige Seelsorge. Aber das bedeutete eine Schmälerung der Einkünfte des Keuschberger Pfarrers. Man einigte sich auf einen Kompromiss in der Versorgung, so dass keiner der beiden Streitparteien zu kurz kam.

16 Jahre später hatte ein anderer Pastor den Posten vom Pfarrer Erbe übernommen. Der neue hieß Adam Fährmann und stammte aus Halle. Seit der ersten Begehung gab es einen wesentlichen Fortschritt in der Gemeinde, denn mittlerweile existierte eine kleine Schule für ein Dutzend Jungen. Die üblichen Probleme gab es trotzdem weiterhin. Die Fastenzeit wurde nicht richtig begangen, die Predigt von den Menschen nicht eingehalten und die Schule von den Kindern nur unregelmäßig besucht.

Quelle:

Friedensburg: Die Protokolle der Kirchenvisitationen im Stift Merseburg von 1562 und 1578.

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