Sonntag, 10. November 2013

33. Beitrag - Die Visitation von Eisdorf

Eisdorf war wohl einer derjenigen Orte, in denen man ungern Pfarrer gewesen war. Gerade als Neuling im Amt musste es schwierig sein, wenn man auf ein eher widerspenstiges Dorfvölkchen traf. So erging es jedenfalls Neupfarrer Salomon Hofmann Grimmensis. 1561 wurde er ordiniert in Leipzig, ein Jahr später erfolgte bereits die Kirchenvisitation von seinem neuen Zuständigkeitsgebiet. (Für weiterführende Informationen ein hier >>>Klick<<< machen.)

Der Ort war recht überschaubar: „Eisdorf hat 33 wohnhaftige wirthe“, also 33 bewohnte Häuser bzw. Familien. Sogar das Einkommen der Pfarre blieb recht überschaubar, ein klein wenig Land, etwas Geld und Brot. Zudem nahm der Pfarrer für jede bestattete Leiche, was üblich war, ebenfalls etwas Geld ein. Die als „Gebrechen“ bezeichneten Missstände hingegen waren ziemlich viel für einen Pfarrer, wenn man den Aufzeichnungen Glauben schenken darf:

„Eine grausame gotteslesterung beide der menner und weiber“ und „Überschwenliche misbreuche und verachtunge des sabaths.“ Leider ist uns nicht überliefert, was genau sich vor Ort abgespielt hatte. Bedenkt man jedoch die Intensität mit anderen vergleichbaren Gebrechen in den besuchten Ortschaften, so scheint es echt übel für den Pfarrer gewesen zu sein. Sein Glück, wenn man es denn so nennen möchte, war das wahrscheinlich intakte Haus. Zumindest kann man den Protokollen nichts Gegenteiliges entnehmen. Anders sah es vor dem Haus, nämlich im Kirchhof, aus. Sogar eine bildliche Beschreibung überlieferten uns die Visitatoren: Es sah so schlimm aus „das man fast eine gemeine trift mit khuen, kelbern, schweinen, schaffen, gensen etc. druber macht.“ Den Zustand könnte man also vielleicht am besten mit den Worten „völlig zertrampelt“ bezeichnen.

Der Schankwirt vor Ort hatte sicherlich Einfluss auf seine Gäste. Ungünstig war es dann, wenn diesem Religion und Kirch egal waren, wie im vorliegenden Fall. Umso besser war es, dass dem Pfarrer noch der Küster an die Seite gestellt worden war. Dieser sollte sich unter anderem um die Schule kümmern. Die Sache hatte nur einen weiteren Haken. Er war keine große Hilfe, zumal er mit der eigenen Frau im Streit lag. Man lobte Besserung, wie so oft.

16 Jahre später... Mittlerweile schreiben wir das Jahr 1578. Dieses Mal erfahren wir auch Sachen, die im ersten Bericht nicht erwähnt wurden. Der Pfarrer Salomon beispielsweise wurde im Jahr 1522 geboren, war also zum Zeitpunkt seines Amtsantrittes bereits 41 Jahre alt. Als Lehnherr wird der sächsische Kurfürst August (1553-1586) aufgeführt. Zudem schien eine Besserung Einzug gehalten zu haben: Die Knabenschule. Zumindest fand diese eine Zeit lang  statt, bevor viele Menschen Opfer der „sterbensseuche“ wurden.

Doch die Gebrechen wurden nicht weniger, sogar das Gegenteil war der Fall. Das Kirchenregister und das Verzeichnis der getauften Kinder wurde nicht richtig gehalten. Zudem wurde bemängelt das es keine Mägdleinschule gab. Zumindest konnte der Pfarrer nun einigermaßen seine Predigten abhalten, auch wenn die Kinder teilweise währenddessen die Kühe hüten mussten und die Tänze in der Sommerzeit überhandnahmen. Zwar waren auch nicht immer alle Leute anwesend, denn mache arbeiteten zur Predigtzeit, allerdings gab es auch keine Berichte mehr über Gotteslästerer. Die Konflikte alles in allem hielten sich weitestgehend in Grenzen.

Eine Sache bleibt aber noch, die man als Fan von Sagen unbedingt erwähnen muss. Und immerhin sind die Visitationsprotokolle doch „DER BEWEIS“ für die Echtheit des vorliegenden Falles. In Eisdorf selbst gab es eine Person, zumindest dem Getuschel der Leute zu Folge, die einen Drachen hielt. Sie haben richtig gelesen, einen DRACHEN! Und die Visitatoren taten es keinesfalls ab, denn sie befahlen Nachforschungen anzustellen. Vielleicht wären also archäologische Grabungen angebracht. Immerhin kann man nie wissen, was man so alles finden könnte.

Quelle:

Friedensburg: Die Protokolle der Kirchenvisitationen im Stift Merseburg von 1562 und 1578.    

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen