Samstag, 30. November 2013

36. Beitrag - Der Roggenwolf

Das Leben eines Bauern, vor Erfindungen wie Traktoren und Kunstdünger, war härter und entbehrungsreicher als zur heutigen Zeit.. Er musste eine große Fläche bewirtschaften und der Ertrag der Ernte war manchmal kaum mehr, als das was er ausgesät hatte. Wetter und Krankheiten konnten seine Existenz und die seiner Familie zerstören. Im Laufe der Jahrtausende bildeten sich die uns bekannten Bauernregeln heraus, wie man also auf bestimmte Situationen reagierte oder was das Wetter mit sich brachte, sollten sie aussagen. Tradition spielte dabei ebenso eine große Rolle wie Religion und Aberglauben.

Um bestimmte Sitten und Gebräuche zu verstehen, ist es wichtig den kulturellen Kontext zu verstehen. Das Christentum, welches aus dem Nahen Osten stammte, fand seinen Weg nach Europa durch das Römische Imperium im heutigen Italien. Ursprünglich waren sie eine verfolgte Sekte. Nach ihrer Anerkennung und ihrem Aufstieg aber verdrängten und verboten die Christen die anderen Götter. Um ihren Glauben weiter zu verbreiten, wurden Missionierungen nötig. Doch wie konnte ein Erfolg gewährleistet werden?

Eine Möglichkeit war die Integration anderer Religionsbestandteile in die eigene. Um die Menschen von ihren „heidnischen“ Göttern abzubringen, war es wichtig ihnen eine ähnliche Alternative zu bieten. Ein Beispiel bildet unser Tannen- bzw. Weihnachtsbaum. Dabei war das Christentum nicht wählerisch lokale Bräuche zu übernehmen. Man hatte somit quasi ein „Trojanisches Pferd“ geschaffen. Lange Rede kurzer Sinn: In der Überlieferung sind uns viele einst als heidnisch bezeichnete Bräuche bekannt. Auch die Bauern behielten diese, trotz des christlichen Glaubens bei. In Sagen und Legenden begegnen uns Kobolde und Geister, aber auch die „alten Götter“. Wesen also die angeblich für Unheil sorgten und vor denen man sich schützen müsse.

Sie mussten immer herhalten, wenn es darum ging etwas eigentlich Unerklärliches greifbar zu machen. G. Groeger hat in seinem Werk „Kulturdenkmäler aus dem Merseburger Land“ solch eine Tradition festgehalten. Dabei handelt es sich um eine geisterhafte Erscheinung, „Roggenwolf“ genannt.

„Dagegen in dem leise wogenden Ährenfeld erblickten unsere Vorfahren den ebenfalls mit Wodan in Verbindung stehenden, gierig schleichenden geisterhaften Roggenwolf, dessen drohende Augen in der heißen, zitternden Luft flimmerten. Gegen ihn musste man sich schützen. Ganz in der Stille werden noch heute alte Gebräuche beobachtet, die dem Schutzzauber angehören, ohne freilich noch den Zusammenhang zu kennen. Die ersten drei Ähren befestigt der Mäher am Gürtel, um vor Kreuzweh bewahrt zu bleiben; eine Doppelähre steckt er an den Hut zum Schutz gegen Blitzschlag, die dreifach geteilte Ähre zieht er durch den Mund, um vor dem bösen Fieber, das der Blick des Roggenwolfes verursacht, geschützt zu sein.“

Man musste ihn mit der Sense in die letzten noch stehenden Ähren treiben, dann eine besonders große Garbe binden, mit einem Feldblumenstrauß schmücken und in die Scheune tragen. Dort erlosch seine Kraft. Eine solche Krankheit war durchaus real, kennt man sie doch unter dem Namen „Mutterkornbrand“. Der Mutterkornpilz trat vorwiegend in feuchten Jahren auf und war sehr resistent. Selbst wenn das Korn gemahlen und zu Brot verarbeitet wurde, war er weiterhin gefährlich und löste schwerste Krankheiten aus. Solch eine Krankheit wünscht man nicht einmal seinen ärgsten Feind und die Bauern waren trotz ihrer „Schutzmaßnahmen“ machtlos dagegen.

Quellen:

G. Groeger: Kulturdenkmäler aus dem Merseburger Land

http://www.halloween.de/neuigkeiten/monster-der-welt-teil-19-der-roggenwolf--44635

http://www.giftpflanzen.com/claviceps_purpurea.html

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