Samstag, 7. September 2013

24. Beitrag - Geschichte der Krankenpflege - Die 1920er Jahre

Die Pflege der Kranken und Schwachen war und ist seit jeher ein kontroverses Thema. Ob Behandlungsmethoden oder Medizin, schon seit der Antike wurden ganze Lehrwerke über diese Gebiete verfasst. Die Menschheit forscht bereits seit tausenden von Jahren, trotzdem geben noch immer viele Krankheitsbilder Rätsel auf. Nun ist der Mensch kein einfaches Gebilde, bei dem im Schadensfall einfach die Ersatzteile gewechselt werden können. Medikamente helfen uns bei der Genesung, sie sind allerdings nicht immer alles, was für eine vollständige Gesundung benötigt wird. Hier tritt die Krankenpflege in Erscheinung. In der Vergangenheit zumeist von der Familie durchgeführt, fand seit dem 19. Jahrhundert eine zunehmende Professionalisierung statt.

Klöster, Orden und Stifter hatten sich meist der Versorgung der Mittellosen und der Hilfesuchenden verschrieben. Diese Institutionen entstanden wiederrum auf Geheiß und Finanzierung von denjenigen, die die finanziellen Mittel für so etwas hatten, den Adligen. Dabei ging es nicht immer um Nächstenliebe, sondern vielmehr um das eigene Seelenheil, aber dies ist eine andere Geschichte. In Merseburg existierte neben dem Sixtikloster und dem Peterskloster noch das Hospital St. Barbara. Die Hospitäler des Mittelalters dürfen nicht mit den Krankenhäusern unserer Zeit verwechselt werden, denn die Höhe der Fürsorge richtete sich zumeist nach der Höhe des Geldbeutels. Irgendwie mussten sich die Hospitäler schließlich finanzieren.

Machen wir einen Zeitsprung nach vorn in Richtung Moderne. Wir befinden uns nun in der Zeit der Weimarer Republik. Der Erste Weltkrieg ist vorüber, die Republik erlebte Krisen, aber auch eine goldene Zeit. Wissenschaft und Technik schritten immer schneller voran. Im Bereich der Medizin wurde zunehmend erkannt, welch wichtige Rolle der Pflege bei der Krankheitsbehandlung zukam. Grundsätze,  die heutzutage eigentlich zu den Standartanforderungen des Berufes gehören, wurden festgeschrieben:

"Wer sich der Krankenpflege nur aus dem Grunde zuwendet, einen Beruf und den Lebensunterhalt zu gewinnen, dem fehlt die notwendige innerliche Bereitschaft. Wer glaubt, in der Krankenpflege einen besonders "interessanten" Beruf zu wählen,  der verkennt, daß der Dienst am Kranken vor allen Dingen Arbeit bedeutet, zu der oft große Überwindung gehört. Nur der Wunsch und Wille, den Kranken zu helfen, sich in ihre Welt einzufügen, nur ein hohes sittliches Pflichtbewußtsein werden die Pflegeperson über alle Schwierigkeiten hinwegführen und ihr schließlich auch die Befriedigung und Freude zu gewähren, die zur Erfüllung ihres Berufes und Lebens notwendig sind."

So leitet Dr. Ostermann das Pflegekapitel in seinem Krankenpflegelehrbuch in den 1920er Jahren ein. Ganz so einfach und idealisiert kann man den Beruf natürlich nicht darstellen. Dankbarkeit nährt die Seele, nicht aber den Magen. Nichtsdestotrotz sind die Aufgaben von damals noch mit denen von heute identisch. An erster Stelle stand das Wohl des Kranken. Und die Verantwortung war ebenfalls gegeben,  denn die Verabreichung von Medizin gehörte ebenfalls zu ihren Aufgaben. Dabei warnte Dr. Ostermann vor dem Gebrauch und dem Missbrauch stark wirkender Mittel, wie Morphium und Kokain. Die Sucht lockte, wenn die Einnahme dieser Mittel zur Gewohnheit wurde. Entspannung war schon damals die beste Medizin. Übrigens wurden Menschen, die körperliche oder geistige Beschwerden hatten, empfohlen,  den Beruf des Pflegers nicht zu ergreifen. Moderne Arbeitshilfen und ein gut abgestimmtes Team, ermöglichen eine erhebliche Arbeitserleichterung, sofern beides vorhanden ist. Unser Pflegesystem lässt einem leider oft keine Entscheidungsfreiheit und schränkt eine optimale Pflege ein. Zudem soll die Krankenpflegerin "ein Pionier der Hygiene sein".

Großen Wert wurde auf die Psyche des Kranken gelegt. Charaktere und Launen fallen von Mensch zu Mensch anders aus. Eine Krankheit kann auf das Gemüt drücken. Eine Krankheit kann die gesamte Psyche wandeln. Bestimmtheit, nicht Schroffheit, sollte die Pfleger ans Ziel führen. Theoretisch eine recht einfache Verhaltensweise, sollte man meinen. Sicherlich war und ist es noch heute genauso schwer wie der andere Ratschlag von Dr. Ostermann: Der Vertrauensgewinn.

"Der Kranke lebt in seiner Krankheit." In diesen Worten steckt bis zum heutigen Tag viel Wahrheit. Nur durch Vertrauen öffnen sich die Betroffenen und berichten, an was ihnen fehlt. Doch wie erlangt man das Vertrauen? Es ist einfach und schwierig zugleich. Zuhören und auf die Bedürfnisse des zu Pflegenden eingehen. Freundlich, aber bestimmt, reagieren. Kompetent und zielsicher handeln. Manchmal muss man sich auch einfach nur verstehen. Und was ist, wenn der Bedürftige die Pflegekraft so gut leiden kann, dass es Geschenke gibt?

Die Verantwortung ist riesig und oft hat man das Gefühl diese allein tragen zu müssen. Welchen Rat gibt man also einer neuen Pflegekraft mit auf den Weg? Vielleicht das man sich, wie bei allen Dingen, nicht entmutigen lassen darf. Ein guter Chef wird immer unterstützend und zum Wohl seines Personals und seiner Schützlinge wirken. Dennoch gilt, dass keiner von uns fehlerfrei ist. Man darf nie vergessen, dass sich am Ende immer alles um den Menschen dreht.

Quellen:
Dr. Ostermann: Krankenpflegelehrbuch. Berlin, 1928.

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